Ein Brustkrebs im Frühstadium kann heute brusterhaltend operiert werden. „Zum Behandlungsstandard gehört heutzutage eine Bestrahlung, da es sonst zu einem Lokalrezidiv, also einem erneuten Burstkrebswachstum an der operierten Brust, kommen kann“, erläutert Professor Stephanie E. Combs, Direktorin der Klinik und Poliklinik für RadioOnkologie und Strahlentherapie am Universitätsklinikum der Technischen Universität München (TUM).
Um die optimale Dosis zu bestimmen, hat die European Organization for Research and Testament of Cancer (EORTC) zwischen 1989 und 1996 eine Studie an 5569 an Brustkrebs erkrankten Frauen durchgeführt. „Die Hälfte der Patientinnen erhielt damals neben der üblichen eine zusätzliche Bestrahlung der operierten Brust im Bereich des Tumorbettes die wir als Boost bezeichnen“, sagt die Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO). Der Boost verlängere die Behandlungszeit zwar um knapp zwei Wochen, er könne aber ein Lokalrezidiv verhindern.
Größter Vorteil für Patientinnen unter 50
Die Teilnehmerinnen der EORTC-Studie werden seit dem Ende der Behandlung regelmäßig nachuntersucht, um herauszufinden, für welche Patientinnen der Boost den größten Nutzen bringt. Schon in den ersten Jahren zeigte sich, dass Frauen mit ungünstigen Gewebemerkmalen, sogenannten „high-grade“-Tumoren, den größten Nutzen haben.
Dies konnte auch noch nach 20 Jahren bestätigt werden. Die Langzeitanalyse zeigt nochmals deutlich, dass prinzipiell alle Frauen von einer Dosisaufsättigung profitieren können. Der größte Vorteil zeigt sich für jüngere Patientinnen unter 50 Jahre. Sie erlitten nach einer Boost-Bestrahlung signifikant seltener ein Lokalrezidiv an der operierten Brust. Insgesamt jedoch profitieren alle Altersgruppen von einer Boostbestrahlung.
Die zweite Gruppe sind Patientinnen, bei denen der Pathologe in der Nähe des invasiven Karzinoms die Krebsvorstufe DCIS gefunden hat. Bei duktalen Carcinoma in situ (DCIS) liegen in den Milchgängen der Brustdrüse veränderte Zellen vor, die aber noch am Ort verbleiben. „Die DCIS können noch keine Metastasen bilden“, sagt DEGRO-Präsident Professor Dr. med. Dr. rer. nat. Jürgen Debus.
Verringerte Rate von Lokalrezidiven
„Wenn DCIS-Nester in der Nähe des Primärtumors gefunden werden, ist es jedoch möglich, dass es später zu einem Lokalrezidiv kommt“, fügt der Ärztliche Direktor der Klinik für RadioOnkologie und Strahlentherapie (Czerny-Klinik) am Universitätsklinikum Heidelberg hinzu. Die EORTC-Studie liefert den Beweis, dass der Boost für die beiden Patientinnengruppen von erheblichem Vorteil ist.
Bei jüngeren Frauen mit DCIS in der Nähe des Primärtumors verringerte die Boost-Bestrahlung die Rate von Lokalrezidiven an der operierten Brust von 31 auf 15 Prozent, halbiert sie also. Die Verlaufskurven lassen sogar vermuten, dass die Vorteile sich nach Ablauf von 20 Jahren noch weiter verstärken könnten. „Die EORTC-Studie zeigt, wie notwendig eine lange Nachsorge ist. Diese Langzeitdaten sind gerade für die jungen Patientinnen sehr wichtig. Prinzipiell ist ein Boost jedoch bei allen Frauen sinnvoll“, sagt Debus.
Quelle: idw – Informationsdienst Wissenschaft
Publikation: Vrieling C. et al.; Prognostic Factors for Local Control in Breast Cancer After Long-term Follow-up in the EORTC Boost vs No Boost Trial: A Randomized Clinical Trial; JAMA Oncology, 2017; DOI: 10.1001/jamaoncol.2016.3031