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Synapsenaktivität beeinflusst Lernfähigkeit

In Nervenzellen befinden sich die Ribosomen nicht nur wie in allen anderen Zellen im Zellkörper, sondern an den Synapsen. © cosmin4000 / iStock / Thinkstock

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Neurobiologie: Synapsenaktivität beeinflusst Lernfähigkeit

Damit wir lernen und Informationen langfristig speichern können, ist unser Gehirn in ständigem Umbau: Mithilfe chemischer Moleküle werden die Verbindungen zwischen Nervenzellen, die Synapsen, gezielt modifiziert. Die Baupläne für diese Moleküle werden von sogenannten Boten-RNAs zu den Synapsen transportiert. Ein Forscherteam hat nun die überraschende Entdeckung gemacht, dass ein Schlüsselfaktor für diesen Transport spezifisch an einen nicht-codierenden Bereich der Boten-RNA bindet und dass der Transport in Abhängigkeit von der Aktivität der Synapse erfolgt.

Die in der DNA gespeicherten Baupläne für Proteine werden im Zellkern zunächst in Boten-RNA (mRNA) übersetzt und dann an die Ribosomen, die Proteinfabriken der Zelle, übermittelt. In Nervenzellen befinden sich die Ribosomen nicht nur wie in allen anderen Zellen im Zellkörper, sondern an den Synapsen.

So können lokal Proteine produziert und die betroffenen Synapsen umgebaut werden, ohne dass benachbarte Synapsen beeinflusst werden. Wie Kiebler in früheren Studien zeigen konnte, spielt das hirnspezifische Bindeprotein Staufen2 beim mRNA-Transport eine wichtige Rolle. „Bisher war allerdings nicht bekannt, wie Staufen die zu transportierenden Botenmoleküle erkennt und wie diese tatsächlich lernabhängig in Proteine umgesetzt werden“, sagt LMU-Biochemiker Professor Michael Kiebler.

In ihrer aktuellen Arbeit haben die Wissenschaftler nun entdeckt, dass Staufen spezifisch an bestimmte Sequenzen, sogenannte Introne, bindet, die in einem Bereich der Boten-RNA liegen, der keine Baupläne für Proteine enthält, sondern vor allem regulatorische Funktionen erfüllt.

Zusätzliches Markiersignal

„Bisher wurden Introne fast immer in Protein-codierenden Bereichen gefunden. Sie sorgen dort dafür, dass nach einer Boten-RNA-Vorlage verschiedene Proteine hergestellt werden. Deshalb ist unsere Entdeckung sehr überraschend“, sagt Tejaswini Sharangdhar, die Erstautorin der Studie. Diese Introne im regulatorischen Bereich werden nicht wie beim Kopiergang üblich herausgeschnitten, sondern bleiben erhalten und gelangen mit der Boten-RNA ins Zytoplasma der Nervenzelle.

An die gleiche Boten-RNA ohne Intron bindet Staufen nicht, und transportiert sie dementsprechend auch nicht weiter. Das Intron stellt damit ein zusätzliches Markiersignal dar, das an der Regulation der an die Synapse geschickten Informationen beteiligt ist. „Unsere zweite überraschende Entdeckung ist, dass dieser Transport in Abhängigkeit von der Aktivität der Synapse gesteuert wird“, sagt Kiebler.

Die Boten-RNA wird unablässig von Synapse zu Synapse transportiert – gestoppt und in Proteine umgesetzt wird sie nur dort, wo eine Synapse aktiv ist und lernt. Synaptische Aktivität stimuliert also das Andocken der Boten-RNA an eine Synapse. Auch dabei spielt Staufen eine Rolle, denn die Anlieferung funktioniert nicht mehr, wenn das Protein ausgeschaltet ist.

Quelle: Ludwig-Maximilians-Universität München


Publikation: Michael A. Kiebler et al.; A retained intron in the 3′-UTR of Calm3 mRNA mediates its Staufen2- and activity-dependent localization to neuronal dendrites; EMBO Reports, 2017; DOI: 10.15252/embr.201744334

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