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Verlauf von Virusinfektionen der Atemwege vorhersagen

Virusinfektionen der Atemwege sind die häufigsten Infektionskrankheiten beim Menschen. © libre de droit / iStock / Getty Images Plus

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Infektionsforschung: Verlauf von Virusinfektionen der Atemwege vorhersagen

Lässt sich der Verlauf einer viralen Atemwegserkrankung, beispielsweise verursacht durch Coronaviren, anhand individueller Merkmale der Patientinnen und Patienten vorhersagen? Dieser Frage wird eine Nachwuchsgruppe um Dr. Victor Corman an der Charité – Universitätsmedizin Berlin jetzt nachgehen. Das bereits im vergangenen Jahr beantragte Forschungsvorhaben gewinnt im Zuge der aktuellen Pandemie eine ganz neue Bedeutung. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) über fünf Jahre mit knapp zwei Millionen Euro gefördert.

Virusinfektionen der Atemwege sind die häufigsten Infektionskrankheiten beim Menschen: Im Schnitt erkranken Erwachsene dreimal, Kinder sechsmal im Jahr. In den meisten Fällen verlaufen die Infektionen mild, hin und wieder führen sie aber zu einer schweren Lungenentzündung, die tödlich sein kann. Eine Frage, die sich seit der COVID-19-Pandemie nicht nur Experten stellen, lautet: Warum sind die Verläufe so unterschiedlich? Und gibt es individuelle Eigenschaften bei den Patientinnen und Patienten, die sich für eine Vorhersage des Krankheitsverlaufs nutzen lassen?

Zwei Ansatzpunkte verfolgen

Dr. Victor Corman, Wissenschaftler und Arzt am Institut für Virologie am Campus Charité Mitte, setzte sich schon 2019 das Ziel, dieses Thema langfristig zu erforschen, und zwar anhand der landläufigen Corona- und sogenannten Picornaviren. Das Vorhaben mit dem Titel „VARIPath“ reichte er für eine Förderung im BMBF-Programm „Nachwuchsgruppen in der Infektionsforschung“ ein, mit Erfolg.

Inzwischen hat sich gezeigt, dass Dr. Corman mit seinem Antrag Weitblick bewiesen hat. Denn der Bedarf, den Krankheitsverlauf bei Infektionen mit Atemwegsviren wie SARS-CoV-2 vorauszusagen, ist heute offensichtlich. Zwei Ansatzpunkte will der Wissenschaftler des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) und stellvertretende Leiter des Konsiliarlabors für Coronaviren an der Charité in seiner neuen Forschungsgruppe verfolgen, um einer Vorhersage des Krankheitsverlaufs näher zu kommen: Die Analyse von Eigenschaften des Virus einerseits und des individuellen Immunsystems andererseits.

„Wenn sich ein Atemwegsvirus im Menschen vermehrt, kommt es immer zu geringfügigen Mutationen in der Viruspopulation“, erklärt Dr. Corman. „Wir wollen herausfinden, ob sich aus den Merkmalen der Viruspopulationen eine Prognose für die Erkrankten ableiten lässt.“

Individuelle Eigenschaften der Immunreaktion

Der Mediziner wird modernste Methoden der Hochdurchsatz-Sequenzierung nutzen, um eine solche Evolution des Virus im Patienten im Detail analysieren zu können. Dabei wird er sich insbesondere auf Picornaviren und Coronaviren konzentrieren. Beide Virusarten speichern ihre Erbinformation in Form von RNA, zeigen aber sehr unterschiedliche Mutationsraten. Während Coronaviren nur langsam mutieren, verändert sich das Erbgut von Picornaviren deutlich schneller. Zusätzlich zur ursprünglich vorgesehenen Untersuchung bislang bekannter und verbreiteter Coronaviren wie HCoV-NL63 oder HCoV-OC43 wird Dr. Corman auch das neue Coronavirus SARS-CoV-2 in seine Studien aufnehmen.

Parallel plant der Forscher, individuelle Eigenschaften der Immunreaktion bei verschiedenen Patientinnen und Patienten zu analysieren. Dazu will er beispielsweise per Genanalyse kartieren, gegen welche Oberflächenstrukturen des Virus sich einzelne Immunzellen, die sogenannten B- und T-Zellen, richten. Ebenso untersucht werden soll die Antikörper-Antwort sowie die Ausschüttung verschiedener Immun-Botenstoffe, der Zytokine.

„Für all diese Parameter werden wir dann überprüfen, ob sie beispielsweise Voraussagen über eine Arbeitsunfähigkeit, eine zusätzliche bakterielle Infektion oder einen Aufenthalt auf der Intensivstation zulassen“, erläutert Dr. Corman. „Solche prognostischen Parameter könnten anschließend dabei helfen, Behandlungsstrategien frühzeitig anzupassen und Krankheitsverläufe positiv zu beeinflussen.“

Quelle: Charité – Universitätsmedizin Berlin

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