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Vorrang für Prävention

Deutscher Krebskongress 2016 - Ein Schwerpunkt in diesem Jahr war die translationale Onkologie als Schnittstelle zwischen Grundlagenwissenschaft und klinischer Forschung. © Peter-Paul Weiler / DKK 2016

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32. Deutscher Krebskongress: Vorrang für Prävention

Alle zwei Jahre bündelt der Deutsche Krebskongress als interdisziplinäre Veranstaltung Fachwissen, um die Zusammenarbeit in der Krebsversorgung voranzubringen. Unter dem Motto „Krebsmedizin heute: präventiv, personalisiert, präzise und partizipativ“ trafen Ende Februar 2016 in Berlin über 11000 Teilnehmer zusammen.

© Mirjam BauerFrau Prof. Dr. med. Angelika Eggert eröffnete als Präsidentin die Veranstaltung. © Mirjam Bauer

Der Kongress zeigte über vier Tage eine fundierte Vielfalt an Themen. Mehr als 360 Sitzungen bezogen nicht nur Fachleute, sondern bei freiem Eintritt am letzten Tag auch die Öffentlichkeit, Selbsthilfegruppen, Hausärzte, Patienten und Angehörige mit ein. Ein Fazit: Betroffene benötigen dringend mehr Unterstützung.

So kooperieren seit fast vier Jahren die Deutsche Krebsgesellschaft und Deutsche Krebshilfe unter anderem mit dem „Infonetz Krebs“. Seit Oktober 2014 gibt es einen telefonischen Informations- und Beratungsdienst für Betroffene und Angehörige (http://www.krebshilfe.de/wir-helfen/krebsberatung.html). Prof. Dr. Angelika Eggert, Direktorin der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Onkologie und Hämatologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin, eröffnete als erste Präsidentin die Veranstaltung.

Ein Schwerpunkt in diesem Jahr, so Eggert, war die translationale Onkologie als Schnittstelle zwischen Grundlagenwissenschaft und klinischer Forschung. „Wir müssen das Wohl des Patienten in den Mittelpunkt stellen, nicht die Krankheit“, so Eggert. Ebenso wichtig seien Ethik, Krebsfrüherkennung und neue, langfristige Konzepte für die Betreuung älterer Krebspatienten und Langzeitüberlebender.

Zudem stünden Themen wie Prävention, aktuelle Entwicklungen in der Diagnostik und Therapie, psychosoziale Versorgung, Qualitätssicherung und gesundheitspolitische Aspekte auf der Agenda. Die Präsidentin betonte, Ziel sei eine bestmögliche Versorgung – „für den richtigen Patienten das richtige Medikament in der richtigen Dosis und Form zur richtigen Zeit“.

Forschung und Aussichten

© Mirjam BauerDer Tübinger Professor Michael Bamberg (links) und Prof. Dr. Wolff Schmiegel, Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) bei der Verleihung der Heinrich-Bauer-Gedächtnismedaille. © Mirjam Bauer

In Kinderonkologien werden bereits 80 Prozent der Patienten mit Standardverfahren geheilt, bei den Erwachsenen sind die Zahlen deutlich niedriger. Neue Methoden der Immuntherapie können vielleicht dabei helfen: Körpereigene T-Zellen – in Kombination mit Medikamenten – sollen dazu gebracht werden, den Krebs zu besiegen.

Zusätzlich sorgt die Telemedizin auch in der Onkologie, beispielsweise über die Zweitmeinung, für eine Absicherung von Diagnosen. Auch der Nationale Krebsplan soll laut Bundesgesundheitsminister Herrmann Gröhe „vorangetrieben werden", auch wenn Prof. Dr. Michael Bamberg vom Universitätsklinikum Heidelberg wenig Anstrengung seitens der Politik sieht.

Bei seiner Auszeichnung mit der Karl-Heinrich-Bauer-Gedächtnismedaille, die für besondere Verdienste in der Krebsforschung verliehen wird, teilte der Radioonkologe dem Publikum mit, der Plan „dümpele leider nur so vor sich hin“. Es gibt also künftig noch viel zu tun.

Weitere Stimmen aus dem Kongress

Dr. Fritz Pleitgen, Präsident der Stiftung Deutsche Krebshilfe, unterstrich: „Wir zählen jährlich circa 500.000 Krebs-Neuerkrankungen – auch aufgrund der demographischen Entwicklung“. Die Hälfte davon könne vermieden werden – durch eine gesunde Lebensweise mit guter Ernährung und dem Verzicht auf das Rauchen.

Prof. Dr. Wolff Schmiegel, Präsident der deutschen Krebsgesellschaft e. V. und Direktor der Universitätsklinik Knappschaftskrankenhaus Bochum, betonte: „Wir brauchen Motivation und Bewegung; unsere Patienten erwarten zu Recht, dass wir die neuen Möglichkeiten nutzen.“ Eine verbesserte Hospiz- und Palliativversorgung treibe das Bundesgesundheitsministerium engagiert voran.

Doch ein großes Problem sei die hochpreisige Krebsbehandlung, nicht nur hier, sondern global – wie es auch das „cancer gap“ in den USA beschreibe. Die Diagnostik muss angepasst werden, teure Therapien bringen nur Vorteile bei tatsächlichem Nutzen, eine kostspielige Behandlung ohne Erfolg sei nicht sinnvoll.

Tag der Hausärzte und Krebsaktionstag

An eine Zielgruppe wandten sich die Veranstalter am Kongress-Samstag besonders: Hausärzte spielen eine wichtige Rolle in der interdisziplinären Behandlungskette; wie jedoch sollen sie sich bei ihrer Arbeitsbelastung über neue Erkenntnisse in onkologischer Diagnostik, Therapie und poststationärer Betreuung auf dem Laufenden halten?

Der „Tag der Hausärzte“ stärkte diesen Partnern den Rücken auch hinsichtlich des Umgangs mit Patienten, die mit vielen Fragen zum Arztgespräch kommen. Eine Vielfalt an Themen bot auch der „Krebsaktionstag“ mit dem Schwerpunkt „Neues zu Diagnose und Behandlung, Ernährung, Palliativ- und Komplementärmedizin“.

Der Krebsaktionstag findet alle zwei Jahre am letzten Kongresstag des Deutschen Krebskongresses in Berlin statt und wird von der Deutschen Krebshilfe, der Deutschen Krebsgesellschaft und der Berliner Krebsgesellschaft organisiert.

„Es hat mich beeindruckt, wie gut die Vorträge auf die Bedürfnisse der Betroffenen und Angehörigen zugeschnitten waren“, betonte der Fachjournalist Michael Reiter. „Verständliche Sprache und Illustrationen erschienen mir zur Unterstützung der Patienten sehr geeignet.“

MBA


Weitere Informationen

Die freigegebenen Vorträge des Kongresses können seit dem Jahr 2008 über die Website des DKK aufgerufen werden, ebenso manche Videoaufzeichnungen, Sitzungen und Poster.

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