Branche
on
Wie Bakterien Resistenzen bilden

Resistenzen gegen Antibiotika nehmen weltweit zu. © CHIARI_VFX / iStock / Thinkstock

| | | |

Antibiotika: Wie Bakterien Resistenzen bilden

Einer Forschergruppe der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) ist es gelungen, ein für die Antibiotikaresistenz relevantes Membranprotein aus E. coli-Bakterien zu isolieren und seine molekulare Struktur aufzuklären. Mit Hilfe dieser Informationen konnten sie zeigen, wie es dem Bakterium gelingt, sich eines Antibiotikums zu entledigen: durch Ausschleusen des Wirkstoffs.

Resistenzen von Bakterien gegen Antibiotika sind ein besorgniserregendes medizinisches Problem unserer Zeit. Nehmen sie weiter zu, besteht die Gefahr, dass bisher gut behandelbare bakterielle Infektionskrankheiten einen derart schweren Verlauf nehmen, dass Patienten daran sterben.

„Das ist eine reale Bedrohung", sagt Prof. Dr. Milton T. Stubbs, Direktor des Zentrums für Innovationskompetenz (ZIK) „HALOmem", an dem die Arbeit durchgeführt wurde. Stubbs forscht seit vielen Jahren zur Biosynthese von Antibiotika. Aufgrund dieser Gefahr sei es enorm wichtig, Resistenzmechanismen aufzuklären, so Stubbs.

Die aktuelle Studie geht aus der Arbeit einer Nachwuchsgruppe am ZIK HALOmem hervor, die zu diesem Zeitpunkt von Dr. Mikio Tanabe geleitet wurde. Dieser ist inzwischen Wissenschaftler an der renommierten „KEK"-Forschungseinrichtung in Tsukuba, Japan. Der Gruppe gelang es, ein Membranprotein namens MdfA aus E. coli-Bakterien zu isolieren und seine molekulare Struktur aufzuklären. Dazu musste das Protein erst im Labor produziert, in reiner Form isoliert und kristallisiert werden.

Struktur aufklären

„Das ist bei den empfindlichen Membranproteinen ein sehr komplizierter Prozess. Es kommt darauf an, im Labor optimale Bedingungen zu finden, unter denen das Protein stabil und in seiner natürlichen Struktur bleibt", erklärt Stubbs. Mittels Röntgenkristallografie konnte die Struktur des gewonnenen Materials schließlich aufgeklärt werden.

Dank dieses präzisen physikalischen Verfahrens sind Forscher inzwischen in der Lage, in den Ångström-Bereich vorzudringen, ein Ångström entspricht einem Zehntel Nanometer, also einem Zehnmilliardstel (10-10) Meter. Das bedeutet: Man gelangt mit dieser Methode in einen Größenbereich, in dem einzelne Atome sichtbar werden.

Nur mit Hilfe einer derart hohen Auflösung lassen sich die molekularen Details von Proteinen erkennen, durch die man letztendlich ihre Funktionsweise verstehen kann. So konnte das Membranprotein MdfA des E. coli-Bakteriums schließlich in seiner dreidimensionalen Struktur sichtbar gemacht werden.

Wirkungsweise mit einer Art Pumpe vergleichbar

Dabei nutzten die halleschen Forscher auch die Ergebnisse einer Arbeit, die Konkurrenten aus China kurz zuvor zu diesem Protein publiziert hatten, wodurch es gelang den MdfA-vermittelten Resistenzmechanismus aufzuklären. Die Wirkungsweise von MdfA lässt sich mit einer Art Pumpe vergleichen.

Dabei wird das Antibiotikum zwar zunächst von den Bakterien aufgenommen, in einem zweiten Schritt jedoch befördert MdfA den Wirkstoff wieder aus der Zelle heraus, so dass er seine für das Bakterium tödliche Wirkung nicht mehr entfalten kann.

„Wir gehen davon aus, dass der in dieser Arbeit aufgedeckte Mechanismus auch für viele andere Antibiotika gilt", erklärt Milton Stubbs. Damit liefere man zugleich die Grundlage für eine spätere praktische Anwendung. "Denn nur wenn wir herausfinden, wie Resistenzen überhaupt entstehen, können wir Lösungen suchen, um sie zu verhindern."

Quelle: Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg


Publikation: Nagarathinam, K. et al.; Outward open conformation of a Major Facilitator Superfamily multidrug/H+ antiporter provides insights into switching mechanism; Nature Communications, 2018; doi: 10.1038/s41467-018-06306-x

Newsletter abonnieren

Newsletter Icon MTA Blau 250x250px

Erhalten Sie die wichtigsten MT-News und Top-Jobs bequem und kostenlos per E-Mail.

Mehr zum Thema

Bakterien
Multiresistente Bakterien

Das könnte Sie auch interessieren

Blut in Venen
Rotaviren
handgezeichnete menschliche Leber