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Wie die Immunabwehr dagegen vorgeht

Das Forschungsteam entwickelt Moleküle, die in einer zweifachen Funktionalität den Pilzeindringling erkennen und Antikörper rekrutieren können. © Svisio / iStock / Thinkstock

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Pilzinfektionen: Wie die Immunabwehr dagegen vorgeht

Pilzerkrankungen stellen ein zunehmendes Gesundheitsrisiko dar, besonders bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem. Amerikanische Wissenschaftler beschreiben nun, wie ein kleines immuntherapeutisches Molekül mit einem neuartigen Wirkmechanismus helfen könnte: Die Verbindung erkennt und bindet Chitin, das in der Zellwand von Pilzen, nicht aber im menschlichen Organismus vorkommt, und rekrutiert gleichzeitig natürliche Antikörper des menschlichen Immunsystems.

Die Zellwand von Pilzen bietet sich für die Entwicklung von neuen Arzneistoffen gegen Pilzerkrankungen an, weil viele ihrer Inhaltstoffe im menschlichen Körper nicht vorkommen und sie sich dadurch zielgerichtet markieren und möglicherweise vom Immunsystem zerstören lassen. Daher entwickelt das Forschungsteam von David Spiegel an der Yale University (USA) Moleküle, die in einer zweifachen Funktionalität den Pilzeindringling erkennen und Antikörper rekrutieren können.

Um solche Antikörper rekrutierenden, auf Pilze ausgerichteten Moleküle (ARM-F) herzustellen, modifizierten die Wissenschaftler Calcofluor-Weiß, ein bekanntes Anfärbemittel für Chitin in der Zellwand von Pilzen. Das Calcofluor-Weiß verknüpften sie mit einer Dinitrophenyl(DNP)-Einheit. Das DNP wird von im menschlichen Blut natürlich vorkommenden anti-DNP-Antikörpern erkannt. Der daraus hervorgehende Molekülkomplex aus Chitin, ARM-F und anti-DNP-Antikörpern stimuliert die Effektorzellen des Immunsystems, die daraufhin die Vernichtung der Pilzzellen durch Phagozytose einleiten.

Erhöhte Phagozytose

Molekül nutzt Pilz-Chitin © Wiley-VCHMolekül nutzt Pilz-Chitin um den Eindringling zu erkennen und zu vernichten. © Wiley-VCH

Das Team zeigte, wie im Labormodell unterschiedliche Mengen ARM-F den Hefepilz Candida albicans erkannte und gleichzeitig anti-DNP-Antikörper zur Aktivierung des Immunsystems rekrutierte. Die ARM-F-Bindung selbst verringert die Lebensfähigkeit der Hefezellen nicht, erst die Phagozytose durch das Immunsystem. Zusätzlich ergab sich ein synergistischer Effekt mit dem bekannten Antimykotikum Caspofungin, das zur Klasse der Echinocandine gehört. Echinocandin-resistente Pilze synthetisieren verstärkt Chitin zur Reparatur ihrer Zellwand.

Wegen dieser erhöhten Chitinproduktion verstärkt sich aber auch die Wirksamkeit von ARM-F. Erste Laborversuche bestätigten eine erhöhte Phagozytose der Candida-Zellen durch humane Effektorzellen des Immunsystems mit ARM-F. Weil ARM-F Chitin spezifisch erkennt und bindet, eignet sich diese Substanz besonders für die Bekämpfung von Echinocandin-resistenten Pilzen und eine Reihe von weiteren pathogenen Fungi. Auf dem neuen Wirkmechanismus der ARM-F-Moleküle könnten neue Arzneistoffe gegen Pilzinfektionen aufbauen. Sowohl Einzel- als auch Kombinationstherapien mit existierenden Pilzmitteln wären möglich.

Quelle: idw – Informationsdienst Wissenschaft


Publikation: Prof. Dr. David A. Spiegel et al.; Neutralization of Pathogenic Fungi with Small-Molecule Immunotherapeutics, Angewandte Chemie, 2017; doi: 10.1002/ange.201707536

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