Eines der bereits in Kraft getretenen Gesetze ist das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), das seit dem 11. Mai 2019 gilt. Dieses Gesetz für „schnellere Termine und bessere Versorgung“ greift einen wichtigen Punkt unseres Gesundheitssystems auf: das Warten auf Facharzttermine. So sollen Erkrankte nun schneller Termine bekommen. Möglich machen dies die Terminservicestellen. Als zentrale Anlauforte stehen diese rund um die Uhr an jedem Tag der Woche zur Verfügung.
Ferner wird das Mindestsprechstundenangebot der Vertragsärzte erhöht, sodass allen Patienten insgesamt mehr Termine zur Verfügung stehen. In der Konsequenz bedeutet dies, dass in unterversorgten Gebieten die Kassenärztlichen Vereinigungen künftig eigene Praxen eröffnen oder Versorgungsalternativen anbieten müssen. Daneben soll der Umfang allgemeiner Leistungen der Krankenkassen verbessert werden: Zusätzliche Angebote und die verpflichtende Bereitstellung einer elektronischen Gesundheitsakte ab 2021 gehören dazu.
Ein weiteres Gesetz zur Reform der Hebammenausbildung, das Hebammenreformgesetz (HebRefG), ist am 26. September 2019 vom Bundestag verabschiedet worden und tritt am 1. Januar 2020 in Kraft. Über eine Akademisierung mit hohem Praxisanteil und Bachelorabschluss, soll die Ausbildung moderner und attraktiver werden. Mit dieser Ausbildungsreform wird die Berufsanerkennungsrichtlinie der Europäischen Union umgesetzt.
Das Reha- und Intensivpflegestärkungsgesetz sieht eine bessere Betreuung für Intensivpflege- und Rehapatienten vor. Der Referentenentwurf des „Gesetzes zur Stärkung von Rehabilitation und intensivpflegerischer Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung“ zielt darauf ab, beatmete Patienten nach einem Klinikaufenthalt besser zu versorgen.
Auch ältere Menschen sollen zügiger geriatrische Rehabilitationsleistungen erhalten. Zudem werden die Reisekosten für Pflegende, die pflegebedürftige Angehörige zur stationären Reha begleiten, künftig von Kranken- und Pflegekassen übernommen. Mittlerweile besteht in einem weiteren Gesetz auch ein gesetzlicher Anspruch für die HIV-Präexpositionsprophylaxe bei Menschen mit erhöhtem Infektionsrisiko: Es umfasst die ärztliche Beratung, Untersuchung und Verschreibung von Arzneimitteln zur Vorsorge.
„Apps per Rezept“
Ein weiteres Gesetz birgt viel Potenzial für einen wirklichen Umschwung in der Gesundheitsbranche: das Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation oder kurz das ‚Digitale-Versorgung-Gesetz‘ (DVG). Es wurde am 7. November 2019 durch den Bundestag beschlossen, tritt am 1. Januar 2020 in Kraft und bedeutet knapp gesagt: Ärzte dürfen künftig Apps per Rezept verschreiben!
Die europäischen Nachbarländer und sogar der Nahe Osten schauen gespannt auf diese Entwicklung, denn Deutschland soll dadurch das erste Land der Welt sein, in dem Gesundheits-Apps von Krankenkassen bezahlt werden. Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA, siehe DiGA-Verzeichnis nach § 139e SGB V) sollen damit möglichst schnell in die Versorgung kommen.
Spannend bleibt dabei die Frage, ob die verschreibenden Ärzte in so kurzer Zeit alle digitalen Versorgungsangebote kennenlernen und zuordnen können. Konkret soll das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ab Juli 2020 die DiGAs prüfen: auf Sicherheit, Funktionstauglichkeit, Qualität, Datensicherheit und Datenschutz. Bei einer positiven Bewertung gelangt die jeweilige App für ein Jahr vorläufig in die Anwendung – inklusive Kostenerstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen.
Weist der Anbieter innerhalb dieses Zeitraums eine positive Auswirkung auf die Versorgung der Patienten nach, kann er selbst mit dem GKV-Spitzenverband in Verhandlung über den langfristigen Einsatz treten. Auch Videosprechstunden sollen häufiger genutzt werden. Da es bisher wenige Informationen darüber gibt, welche Ärzte sie überhaupt anbieten, dürfen diese künftig auf ihren Internetseiten über solche Angebote informieren.
Ein wichtiger Teilbereich, die elektronischen Patientenakten, wurden allerdings aus dem Gesetz herausgenommen, dazu soll es ein ergänzendes „DVG 2“ geben. Grund dafür sind der Datenschutz und die veralteten Grundlagen im SGB V. So scheint es aktuell wahrscheinlich, dass der Starttermin 1. Januar 2021 nicht eingehalten werden kann.
Etliche Experten, unter anderem von Krankenkassen, der Ärzteschaft, der Gematik, dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und aus verschiedenen Ministerien, diskutieren diese Herausforderungen intensiv, das Gesundheitsministerium bleibt jedoch bei seinem Zeitplan. Warten wir also gespannt, was das neue Jahr bringt. Sicher ist: Wir befinden uns mittendrin in einer nicht aufzuhaltenden digitalen Transformation.
Mirjam Bauer
Weitere Informationen: Digital Health-Index von Bertelsmann