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Frau schaut nervös auf ihr Smartphone.

Vor der Cyberchondrie besteht oftmals schon eine Hyperchondrie-Erkrankung, die durch traumatisierende Ereignisse ausgelöst worden sein kann. © Bojan89 / iStock / Getty Images Plus

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Cyberchondrie: Wenn Dr. Google zur Diagnosequelle wird

Morgens besteht der Verdacht auf Lungenkrebs, abends ist die Angst vor einem Herzinfarkt hingegen groß. Patienten mit einer Cyberchondrie informieren sich über ein gesundes Maß hinaus im Internet über Erkrankungen und bilden sich die entsprechenden Symptome ein.

Ein paar Beschwerden eingetippt und schon steht die Diagnose: Immerhin 46 Prozent der Deutschen suchen im Internet nach Gesundheitsthemen und ziehen bei Krankheitsanzeichen Dr. Google zu Rate, denn hier findet man treffsicher zu jedem Symptom passende Krankheiten.

Besonders bedenklich wirkt sich die Recherche auf Hypochonder aus, denn sie fühlen sich meist in ihren bösen Vermutungen bestätigt, wenn die Suchmaschine zu ihren Begriffen eine Diagnose auswirft. Diese sogenannte Cyberchondrie kann die Lebensqualität stark einschränken, da Betroffene sich permanent mit den potenziellen Krankheiten beschäftigen und mitunter starke Ängste und Panikattacken entwickeln.

Der Begriff Cyberchondrie setzt sich aus den Bestandteilen „Cyber“ und „Hypochondrie“ zusammen und stellt eine Art „moderne Hypochondrie“ dar. Definitionsgemäß handelt es sich um eine unbegründete Angst vor schweren Leiden oder um eine erhöhte Aufmerksamkeit auf ernsthafte Erkrankungen, die auf den Kontakt mit den Webinhalten zurückzuführen sind. Betroffene googeln Symptome im Internet und diagnostizieren an sich selbst die recherchierten Erkrankungen. Natürlich entwickelt nicht jeder, der Informationen im Internet sucht, eine Cyperchondrie, allerdings können sich ängstliche und hypochondrische Neigungen verstärken.

Betroffene mit Hypochondrie sind besonders betroffen

Eine Studie der Universität zu Köln deutet darauf hin, dass die Internetsuche nach den empfundenen Symptomen dazu führt, dass die Sorge, ernsthaft erkrankt zu sein, unverzüglich zunimmt. Die Wissenschaftler untersuchten Probanden, die durchschnittlich 23 Jahre alt waren und bei denen das Risiko einer Krankheitsangststörung üblicherweise gering ausfiel. Dennoch gaben die Befragten bereits nach fünf Minuten Recherche an, sich jetzt mehr Sorgen über die Symptome sowie über ihre Gesundheit zu machen.

Meist kommt die Cyperchondrie allerdings bei Personen vor, die bereits unter einer Hypochondrie leiden. Als Ursachen für die psychische Störung werden verschiedene Auslöser, wie etwa Traumata in der Kindheit und Jugend, negative Erfahrungen im Gesundheitssystem (zum Beispiel Fehldiagnosen), schwere Erkrankungen, ein unsicherer Bindungsstil, ein ängstlicher und überbehüteter Bindungsstil sowie eine hohe Ausprägung des Persönlichkeitsmerkmals Neurotizismus (emotionale Instabilität, Neigung zu negativen Gedanken und Ängstlichkeit), diskutiert.

Konsultation von Ärzten und Ärztinnen bleibt meist aus

Personen, die von Cyberchondrie betroffen sind, suchen meist wiederholt nach Beschwerden und den dazugehörigen Erkrankungen und gehen sehr unkritisch mit den Gesundheitsinformationen um. Sie unterscheiden in der Regel nicht, aus welchen Quellen die Informationen kommen, also ob es sich um wissenschaftlich fundierte und evidenzbasierte Infos oder lediglich um meinungsgetriebene Äußerungen handelt. Statt einen Arzt zu konsultieren, vertrauen Betroffene auf Dr. Google und geraten dabei in Angst und Schrecken.

Die Cyberchondrie stellt eine behandlungsbedürftige Angststörung dar. Patienten sollten sich an einen Psychotherapeuten wenden, um eine Therapie durchzuführen. Entspannungstechniken wie Yoga, Autogenes Training, Meditation oder Achtsamkeitstraining können die Angstbewältigung unterstützen. Betroffene finden im Rahmen der Therapie wieder zu einem gesunden Körpergefühl und lernen, mit Informationen aus dem Internet angemessen umzugehen.

Martina Görz


Quellen:

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