Die Mitte der 1980er-Jahre entwickelte FLASH-MRT ist heute eines der bedeutendsten bildgebenden Verfahren in der klinischen Diagnostik und weltweit im Einsatz. Mit dem seit 2010 etablierte FLASH2-Verfahren schafften die Göttinger Forscher den Durchbruch hin zur Echtzeit-MRT. Mit dieser Technik lassen sich erstmals Vorgänge im Inneren des Körpers in Echtzeit filmen.
Sie wird gegenwärtig für den klinischen Einsatz an verschiedenen Krankenhäusern im In- und Ausland erprobt. Gibt es bei einer Person Auffälligkeiten im Hirngewebe? Wurden bei einem Unfallopfer innere Organe verletzt? Liegt ein Bandscheibenvorfall vor? Hat das Herz Schaden genommen?
Um derartige Fragen zu beantworten, untersuchen Radiologen heutzutage Patienten mithilfe eines Magnetresonanz-Tomografen – und der FLASH-Technologie. Damit lassen sich in kurzer Zeit präzise und sogar dreidimensionale Schnittbilder unseres Körpers erzeugen, mit denen sich besonders gut und genau krankhafte Veränderungen an praktisch allen Organen des Körpers abbilden lassen.
Darstellungen von Organen und Gefäßen
Zudem ist das Verfahren, im Gegensatz zu Röntgentechniken wie der Computer-Tomografie, für den Menschen gesundheitlich völlig unbedenklich. Die MRT macht sich eine besondere Eigenschaft der im Körper allgegenwärtigen Wasserstoff-Atomkerne zunutze: ihren Drehimpuls, auch Kernspin genannt. Dieser Kernspin verwandelt die Atomkerne in winzige Magneten.
Befinden sich diese in einem Magnetfeld, richten sie sich entlang der Magnetfeldlinien aus. Ein Magnetresonanz-Tomograf erzeugt ein solches Magnetfeld und zusätzlich kurze Radiofrequenzpulse im UKW-Bereich, die die Kernmomente kurzzeitig aus ihrem Gleichgewicht auslenken.
Wenn sie wieder in ihre ursprüngliche Ausrichtung zurückkehren, senden sie Radiowellen aus, die von hochempfindlichen Spulen aufgezeichnet werden. Vielfach wiederholt, lässt sich aus diesen ortsabhängigen Signalen am Computer ein Bild berechnen, das exzellente Darstellungen von Organen und Gefäßen ermöglicht.
Messzeiten radikal verkürzt
Frahm revolutionierte mit seiner Technologie die MRT rund zwölf Jahre nach ihrer Erfindung durch Paul Lauterbur 1973, indem er diese fundamental beschleunigte. Denn die MRT hatte bis dahin einen massiven Nachteil: Für den Einsatz in der Medizin war sie schlicht zu langsam, eine einfache Schichtaufnahme dauerte mehrere Minuten.
Diese langen Messzeiten entstanden durch die vielen Einzelmessungen mit unterschiedlicher Ortskodierung und der dazwischen nötigen Wartezeit. „Unsere Idee in den 1980er-Jahren war es, für jede Einzelmessung nur einen Teil des verfügbaren MRT-Signals zu nutzen. Mit diesem physikalischen Trick konnten wir die Pausen vollständig eliminieren und die Messzeiten radikal um mindestens den Faktor 100 verkürzen“, berichtet Frahm.
Heute finden weltweit etwa 100 Millionen Untersuchungen im Jahr statt; jede einzelne basiert auf Frahms Technologie. FLASH ist damit das bisher erfolgreichste Patent der Max-Planck-Gesellschaft und verhalf der MRT in der medizinischen Diagnostik zum Durchbruch.
Bis zu 100 Bilder pro Sekunde
Im Jahr 2010 lösten Frahm und sein Team mit FLASH2 schließlich auch das Problem der hohen Zahl an erforderlichen Einzelmessungen. Einfach ausgedrückt ist FLASH2 die FLASH-Technologie samt Videofunktion: Es verwendet ein neues mathematisches Verfahren für die Bildrekonstruktion und kommt dadurch mit nur noch ganz wenigen Einzelmessungen pro Bild aus.
Die Technik beschleunigte die MRT-Aufnahmen noch einmal deutlich und erlaubt es, bis zu 100 Bilder pro Sekunde aufzunehmen. FLASH2 macht Vorgänge im Inneren des Körpers live sichtbar, ein für die medizinische Diagnostik wesentlicher Fortschritt. Erstmals lassen sich Gelenkbewegungen, Sprechbewegungen, Schluckvorgänge oder das schlagende Herz direkt beobachten und Rückschlüsse darauf ziehen, warum das Knie beim Beugen schmerzt, jemand unter Sodbrennen leidet, stottert oder Schmerzen im Brustbereich hat.
Die neue Technik könnte in Zukunft zudem eingesetzt werden, um minimal-invasive Eingriffe und Behandlungen zu begleiten, die bisher unter Röntgenkontrolle durchgeführt werden. Die Echtzeit-MRT wird derzeit an der Universitätsmedizin Göttingen und mehreren anderen Universitäten in Deutschland, Großbritannien und den USA für den routinemäßigen Einsatz am Patienten getestet.
Quelle: Max-Planck-Gesellschaft
Video: Echtzeit-MRT-Aufnahme der natürlichen Bewegungen des Brustkorbs: Atmung und Herzschlag sind deutlich sichtbar. Im Gegensatz zur klinischen Praxis mit herkömmlichen Magnetresonanz-Tomografen muss der Patient hier dank der schnellen Bildrate weder den Atem anhalten, noch muss die Aufnahme über das EKG-Signal gesteuert werden. © Jens Frahm / Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie