Branche
on
Einfluss von Riechrezeptoren im Körper

Mittlerweile belegen zahlreiche Studien, dass Duftrezeptoren nicht nur für das Riechen entscheidend sind. © Tay Jnr / iStock / Getty Images Plus

| | | | |

Duftforschung: Einfluss von Riechrezeptoren im Körper

Zellwachstum, Hormonregulation und das Freisetzen von Botenstoffen sind nur drei von vielen Prozessen, die Riechrezeptoren im Körper kontrollieren. Wie es ihnen gelingt, in so vielfältige Funktionen des Körpers einzugreifen, beschreibt ein internationales Team von Forschern um Prof. Dr. Dr. Dr. habil. Hanns Hatt von der Ruhr-Universität Bochum (RUB).

„Duftrezeptoren lösen in Riechsinneszellen immer den gleichen Signalweg über das Botenmolekül cAMP aus“, sagt Hanns Hatt. So wird die Duftinformation letztendlich in einen Strompuls umgewandelt, der über Nerven zum Gehirn geleitet wird. „In Körperzellen hingegen steuern die olfaktorischen Rezeptoren ein breites Spektrum von verschiedenen Signalwegen, die völlig unterschiedliche zelluläre Wirkungen haben“, erklärt der Bochumer Forscher.

In einem Übersichtsartikel legen Hatt und seine Kollegen Dr. Sung-Joon Lee, von der Korea University und Prof. Dr. Inge Depoortere von der Catholic University of Leuven, umfassend dar, wie beispielsweise ein Riechrezeptor für Veilchenduft in Pigmentzellen der Haut das Zellwachstum hemmen, in denen der Netzhaut hingegen das Zellwachstum fördern kann. Oder wie der Riechrezeptor für Sandelholzduft die Wundheilung und das Haarwachstum beschleunigt, die Vermehrung von Leukämiezellen dagegen hemmt. 

Die Forscher stellen auch wissenschaftliche Hinweise zusammen, welche physiologischen Moleküle im menschlichen Körper als Aktivatoren der Rezeptoren infrage kommen. Das können zum einen Duftstoffe sein, die über Haut, Nahrung oder Atmung in den Körper gelangen. „Aber es gibt auch Belege, dass Stoffe, die Mikroben im Darm, in den Bronchien oder auf der Haut absondern, die Duftrezeptoren anschalten könnten“, erklärt Hanns Hatt.

Bisher ungeahnte Möglichkeiten

Diese Erkenntnisse könnten neue therapeutische Ansätze ermöglichen, etwa für die Behandlung von Erkrankungen der Atemwege wie Asthma und Allergien oder des Magen-Darm-Trakts. Olfaktorische Rezeptoren sitzen aber noch an vielen weiteren Schaltstellen im Körper, etwa im Fettgewebe, wo sie Einfluss auf das Körpergewicht nehmen könnten, oder im Herzen und der Niere, wo sie den Blutdruck beeinflussen können.

Die große Menge von Riechrezeptoren, wie man sie in den meisten Krebsgeweben findet, kann eine frühe Diagnose möglich machen, aber auch neue therapeutische Ansätze eröffnen. „Ich bin fest überzeugt, dass es in 20 Jahren Medikamente auf dem Markt gibt, die olfaktorische Rezeptoren blockieren oder stimulieren, ähnlich wie wir heute bestimmte Blocker oder Aktivatoren von Hormonrezeptoren in der Apotheke kaufen“, gibt Hanns Hatt einen Ausblick.

Bislang kenne man gerade einmal von 50 der 350 bei Menschen vorkommenden Riechrezeptoren den aktivierenden Duftstoff. „Die weitere Entschlüsselung von Riechrezeptoren, die in großen Mengen in menschlichen Geweben vorkommen, sowie die Entschlüsselung ihrer vielfältigen Wirkungen und von den zugehörigen aktivierenden Substanzen wird bisher ungeahnte Möglichkeiten für die pharmazeutische Behandlung eröffnen“, meint Hatt.

Quelle: Ruhr-Universität Bochum (RUB)


Originalpublikation: Sung-Joon Lee, Inge Depoortere, Hanns Hatt; Therapeutic potential of ectopic olfactory and taste receptors; Nature Reviews Drug Discovery, 2018; DOI: 10.1038/s41573-018-0002-3

Newsletter abonnieren

Newsletter Icon MTA Blau 250x250px

Erhalten Sie die wichtigsten MT-News und Top-Jobs bequem und kostenlos per E-Mail.

Mehr zum Thema

Bakterien
Wissenschaftler mit Mikroskop

Das könnte Sie auch interessieren

Mikroglienzellen schädigen die Myelin-Hülle von Neuronenaxonen
Antikörper
Mikrobiologische Kultur des Hefepilzes Candida auris