Warum werden wir dick und warum ist es für viele oft schwer, das Gewicht zu halten? Wissenschaftler der Abteilung Neurobiologie des Diabetes um Dr. Paul Pfluger und des Instituts für Diabetes und Adipositas um Prof. Dr. Matthias Tschöp haben nun einen neuen Baustein im komplexen Zusammenspiel verschiedener Faktoren identifiziert.
Sie fanden heraus, dass das Enzym Histon-Deacetylase 5 (HDAC5) einen wesentlichen Einfluss auf die Wirkung des Hormons Leptin hat. Dieses spielt bei der Auslösung des Sättigungsgefühls und somit auf die Anpassung des Körpers auf ein sich veränderndes Nahrungsangebot eine entscheidende Rolle.
Pfluger beschreibt die Ergebnisse so:„HDAC5 ist ein wichtiges Bindeglied in der Kommunikation zwischen unserem Fettgewebe und den Hungerzentren im Gehirn.“ Die ersten Experimente hätten gezeigt, dass die Produktion und Aktivität von HDAC5 in unserer Schaltzentrale für den Energiehaushalt, dem sogenannten Hypothalamus, durch fettreiche Ernährung, vergrößerte Fettspeicher und das Sättigungshormon Leptin erhöht wird, ergänzt Erstautor Dhiraj Kabra: „So kann der Körper dank des Gehirnschalters HDAC5 den Füllzustand der Fettgewebsspeicher erkennen und seine Nahrungsaufnahme anpassen.“
Störung des Signalwegs führt zu Übergewicht
Laut den Wissenschaftlern reagieren Mäuse, die kein HDAC5 produzieren können, deutlich schlechter auf Leptin, man spricht von einer Leptinresistenz. Entsprechend zeigen sie eine durchgehend erhöhte Nahrungsaufnahme und weisen im Vergleich zu Mäusen mit intaktem HDAC5 verstärkt Adipositas auf, werden also dick.
Durch gezielte Aktivierung von HDAC5 konnte das Team diesen Effekt umkehren und die Tiere verloren an Gewicht. „Die Wiederherstellung der Leptin-Sensitivität ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur nachhaltigen Gewichtsreduktion und der Bekämpfung von möglichen Folgeerkrankungen des Übergewichts wie etwa Typ-2-Diabetes“, sagt Studienleiter Pfluger.
„Neben den unabdingbaren Veränderungen im Ernährungs- und Bewegungsverhalten könnte man künftig möglicherweise auch gezielt Einzelkomponenten der Leptinwirkung durch Medikamente beeinflussen, um den Abnehmprozess zu unterstützen.“
Mit HDAC5 habe man bereits eine dieser so essentiellen Komponenten identifiziert. „Ob dieses Enzym aber bereits als ‚Target‘ für die Bekämpfung der Adipositas und des Jo-Jo Effektes bei Menschen geeignet ist, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen“, so Pfluger.
Quelle: Helmholtz Zentrum München
Weitere Informationen
Originalpublikation: Kabra, DG et al.; Hypothalamic Leptin Action is Mediated by Histone Deacetylase 5; Nature Communications, 2015 DOI: 10.1038/NCOMMS10782
Die Studie identifiziert das Enzym HDAC5 als zentrale Stellgröße für das Hungergefühl und möglichen Angriffspunkt gegen den Jo-Jo-Effekt. Zum Video-Interview mit dem Studienleiter geht es hier.