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Forscher geben nicht auf

Einige in Entwicklung befindliche Medikamente setzen auch an anderen Alzheimer-typischen Veränderungen an. © psphotograph / iStock / Thinkstock

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Kampf gegen Alzheimer: Forscher geben nicht auf

Prof. Dr. Frank Jessen vom Universitätsklinikum Köln leitete zusammen mit Prof. Dr. Stefan Endres von der Ludwig-Maximilians-Universität München den Workshop ‚Neue Diagnostik- und Therapieansätze bei Morbus Alzheimer‘ der Paul-Martini-Stiftung. Er erklärt, dass es keinen Grund gäbe, als Forscher vor Alzheimer-Demenz zu kapitulieren.

Prof. Dr. Frank Jessen: „PET und andere Techniken ermöglichen es mittlerweile, Krankheitsprozesse im Gehirn schon in einem Stadium zu diagnostizieren, in dem sich noch keine oder kaum Symptome zeigen. Damit sind die Chancen gewachsen, Therapien zu entwickeln, die so rechtzeitig eingreifen, dass der Krankheitsprozess wirksam verzögert werden kann.“ 

In westlichen Gesellschaften leiden fünf bis sieben Prozent der über 60-Jährigen an einer Demenz, wobei die Alzheimer-Krankheit mit 60 Prozent der Erkrankungsfälle als häufigste Form der Demenz auftritt. Das berichtete Prof. Dr. Gabriele Doblhammer-Reiter vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE), Bonn, und Universität Rostock.

Die mediane Überlebenszeit nach der Diagnose beträgt drei bis neun Jahre (für Betroffene ab 65 Jahren). Allerdings wurden in Island und Finnland Familien gefunden, die anscheinend vor Alzheimer-Demenz geschützt sind, wie Prof. Dr. Christian Haass, Universität München und DZNE, Bonn, erläuterte.

Bildung weiterer Amyloidablagerungen verhindern

Eine Genmutation sorgt bei ihnen dafür, dass im Gehirn die Bildung von Beta-Amyloid-Protein aus einem Vorläuferprotein blockiert ist. Das deutet darauf hin, dass bei nicht durch diese Genvariante geschützten Menschen das Beta-Amyloid eine zentrale Rolle für das Entstehen von Morbus Alzheimer spielt.

Wahrscheinlich schreite die Krankheit aber ab einem bestimmten Stadium auch unabhängig von Amyloid fort. Das könnte eine Erklärung dafür sein, dass es bislang noch in keiner Studie gelang, Alzheimer-Demenz mit Medikamenten zu therapieren, die die Bildung weiterer Amyloidablagerungen verhindern oder den Amyloidabbau im Gehirn fördern: Die Therapien setzten einfach zu spät ein.

Mittlerweile werden deshalb überwiegend Arzneimittel-Studien mit Patienten im sogenannten präklinischen und frühen Stadium der Alzheimer-Erkrankung durchgeführt. Aktuell würden mehr als 100 Substanzen mit verschiedenen Wirkmechanismen in der klinischen Entwicklung (Phase I bis III) untersucht, so PD Dr. Vera Zingler vom Unternehmen Roche.

Arbeit an neuen Alzheimer-Medikamenten

Die Erforschung von Biomarkern spiele eine zunehmend größere Rolle, nicht nur zur frühen Diagnosestellung, sondern auch zur Messung des Therapieerfolgs. Damit ist die Pharmabranche trotz zahlreicher Fehlschläge in den letzten 15 Jahren und dem Rückzug einzelner Unternehmen weiter stark gegen Alzheimer engagiert: Rund ein Drittel der Mitglieds-Unternehmen des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (vfa) arbeiten an neuen Alzheimer-Medikamenten.

Für Prof. Dr. Dave Morgan, Michigan State University, USA, ruhen die Hoffnungen für Therapie und Prävention insbesondere auf monoklonalen Antikörpern, mit denen im asymptomatischen Stadium der Krankheit die Beseitigung von Amyloid im Gehirn eingeleitet werden kann. Damit solle eine Verzögerung des Fortschreitens oder gar ein Aufhalten der Krankheit gelingen.

Trotzdem setzen einige in Entwicklung befindliche Medikamente auch an anderen Alzheimer-typischen Veränderungen an: etwa an den Tau-Fibrillen, die sich in geschädigten Nervenzellen bilden, oder an Entzündungsprozessen im Gehirn. Der Erkenntnisstand zu Amyloid, Taufibrillen und Immunprozessen wurde deshalb im Workshop eingehend behandelt, einschließlich der Implikationen für Diagnose und Therapie.

„Zu unvermindertem Engagement akademischer wie industrieller Forscher für eine zuverlässige Diagnostik und wirksame Therapie von Alzheimer-Erkrankung gibt keine Alternative“, bilanzierte Prof. Endres abschließend: „Die Gesellschaft erwartet das von uns, wir dürfen sie nicht enttäuschen!“

Quelle: idw – Informationsdienst Wissenschaft

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