Die Fanconi-Anämie ist eine seltene Erkrankung mit Blutarmut und einem stark erhöhten Krebsrisiko. Bei den Betroffenen finden sich ungewöhnlich große rote Blutkörperchen und eine verminderte Zahl von Blutplättchen. Beides ist Ausdruck einer verlangsamten Blutbildung. Bei Patienten, die an dieser erblichen Krankheit leiden, wurden bislang Mutationen in über 20 verschiedenen Genen nachgewiesen. Die Produkte dieser Gene sind gemeinsam wichtig für Reparaturprozesse an der DNA.
Nach Mutation gefahndet
Schindlers Gruppe hat die Gene eines zwölfjährigen Kindes mit Fanconi-Anämie untersucht, bei dem aber keine einzige der bislang bekannten Mutationen gefunden wurde. Also durchsuchten die Forscher systematisch das Erbgut des Kindes – und entdeckten eine bislang unbekannte Mutation im Gen RFWD3.
Dieses enthält den Bauplan für ein Enzym, das bestimmte andere Proteine an einzelsträngiger DNA so markiert, dass der Organismus sie als „Abbruchobjekte“ erkennt, so dass die DNA-Reparatur fortschreiten kann. Weil diese RFWD3-Funktion in Zellen des Kindes defekt ist, waren sie empfindlicher für Chromosomenbrüche und für DNA-Schäden. Die Mechanismen, über die das Gen RFWD3 die Reparatur von DNA bewerkstelligt, hat Schindlers Team in zwei weiteren aktuellen Publikationen beschrieben.
Die Würzburger Gruppe beschäftigt sich mit den Grundlagen erblicher Krebserkrankungen und verfügt auf diesem Gebiet über enormes Fachwissen: Sie war in den vergangenen Jahren an der Identifizierung mehrerer Fanconi-Anämie-Gene beteiligt. Weitere Forschungen an dem Enzym RFWD3 sollen nun klären, ob es sich als therapeutisches Ziel für manche Formen der Fanconi-Anämie oder Krebskrankheiten eignet.
Quelle: Julius-Maximilians-Universität Würzburg
Publikation: Detlev Schindler et al.; Biallelic mutations in the ubiquitin ligase RFWD3 cause Fanconi anemia; Journal of Clinical Investigation, 2017; DOI: 10.1172/JCI92069