„Wir dürfen nicht weiter zusehen, wie durch überzuckerte Produkte die Gesundheit unserer Kinder gefährdet wird. Und das gilt nicht nur für Softdrinks“, sagt Kinder-und Jugendarzt PD Dr. med. Burkhard Rodeck, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. Die britische Softdrink-Abgabe beträgt 18 Pence (20 Cent) pro Liter, wenn das Getränk 5 g oder mehr Zucker pro 100 ml enthält.
Ab 8 g Zucker steigt sie auf 28 Pence (32 Cent). Bereits vor Inkrafttreten zeigt die Maßnahme Wirkung: Mehrere Hersteller haben den Zuckergehalt in ihren Produkten deutlich gesenkt. Dass eine Abgabe auch den Konsum bremst, beweist Berkeley/Kalifornien, wo diese bereits eingeführt wurde. Der Absatz von Softdrinks sank in Folge um bis zu 21 Prozent – ein großer Gewinn für die Gesundheit der Konsumenten.
In Deutschland hingegen liegt der Konsum von Softdrinks weiter auf hohem Niveau. 11- bis 17-Jährige trinken im Durchschnitt täglich über 300 ml Cola, Fanta oder Ähnliches, fast eine ganze Dose! Das entspricht 30 Gramm Zucker, etwa so viel wie in 65 g (oder zwei Handvoll) Gummibärchen enthalten sind.
Experten fordern Mehrwertsteuersatz-Anpassung
„Mit Appellen an die Eltern ist dieser Trend nicht aufzuhalten“, sagt Rodeck, „hier ist die Politik gefordert.“ Projekte zu gesunder Ernährung in Schulen reichen in keiner Weise, um den riskanten Trend zu stoppen: „Wir brauchen Maßnahmen, die dauerhaft sind und die ganze Bevölkerung erreichen.“
Die Experten fordern, in Deutschland den Mehrwertsteuersatz für Softdrinks von derzeit 19 Prozent auf 29 Prozent anzuheben. Für ungesunde Produkte, wie Fertigpizzas sollte der Satz auf 19 Prozent (statt heute 7 Prozent) steigen. Im Gegenzug sollten dafür Obst und Gemüse (heute 7%) gänzlich von der Mehrwertsteuer befreit werden. Eine Studie der Universität Hamburg hatte berechnet1, welche Auswirkungen diese Staffelung auf die Ernährung und das Körpergewicht hätte.
Ergebnis: Der Anteil stark übergewichtiger Menschen würde nicht weiter ansteigen, sondern bei Männern um circa 8 Prozent und bei Frauen um 3 Prozent sinken. Weltweit ergreifen viele Industrieländer bereits politische Maßnahmen gegen Übergewicht. Doch in Deutschland scheitern diese vor allem am Lobbyismus der Lebensmittelindustrie.
Die neue Bundesregierung hat nun im Koalitionsvertrag eine „nationale Strategie zur Reduzierung von Übergewicht vor allem bei Kindern und Jugendlichen“ angekündigt. „Dazu müssen unbedingt steuerliche Maßnahmen gegen den hohen Softdrink-Konsum gehören“, sagt DANK-Sprecherin Barbara Bitzer.
Quelle: idw – Informationsdienst Wissenschaft
Weitere Informationen:
1 Effertz, Tobias (2017): Die Auswirkungen der Besteuerung von Lebensmitteln auf Ernährungsverhalten, Körpergewicht und Gesundheitskosten in Deutschland, Universität Hamburg