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Mutterkuchen liefert Hinweise auf Todesursachen bei Kindern

Prof. Annette Müller erklärt, dass die Plazenta Hinweise auf mütterliche Erkrankungen gibt.© Johann Saba / UK Bonn

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Plazentadiagnostik: Mutterkuchen liefert Hinweise auf Todesursachen bei Kindern

Stirbt ein Kind in der Schwangerschaft, während oder nach der Geburt, können die Ursachen ganz unterschiedlich sein. Die diagnostische Klärung ist für alle Beteiligten eine Herausforderung. Doch vor allem die Untersuchung des Mutterkuchens, fachsprachlich Placenta, kann hier wichtige Hinweise für die Todesursache liefern. Warum die Placenta-Diagnostik darüber hinaus auch entscheidende Aussagen für zukünftige Schwangerschaften des betroffenen Paares trifft, erklärt Prof. Dr. Annette Müller, Kinderpathologin am Universitätsklinikum Bonn, heute auf dem Kongress „Todesfälle von Feten, Neugeborenen und Säuglingen – Medizinische Diagnostik zur Todesursachenklärung“ in Köln.

Die Plazenta, die das Kind im Mutterleib mit Sauerstoff und wichtigen Nährstoffen versorgt, ist nicht nur ursächlich für dessen gesunde oder auch verzögerte Entwicklung, sondern das Organ liefert zudem Hinweise auf mütterliche Erkrankungen. Daher kann eine pathologische Untersuchung der Plazenta bei einer vorgeburtlichen Krankheit, einem Aborts oder Fehlgeburt sowie einer Schädigung des Lebendgeborenen während der Entbindung wesentlich zu Klärung der Ursachen beitragen.

„Eine Plazenta-Diagnostik gibt somit nicht nur dem Neonatologen wichtige Hinweis zur gegebenenfalls notwendigen Behandlung des Neugeborenen an die Hand, sondern sie hat auch einen hohen Stellenwert bei der Beratung der Eltern für zukünftige Schwangerschaften“, betont Prof. Müller, Leiterin des Zentrums für Kinderpathologie und Pathologie am Medizinischen Versorgungszentrum Venusberg des Universitätsklinikums Bonn. Die Expertin gehört zu den wenigen Kinderpathologen in Deutschland.

Informationen für das jetzt geborene und das nächste Kind

„Vor allem kann bei einem Wiederholungsrisiko die Betreuung der Schwangeren entsprechend angepasst werden“, weist Prof. Müller auf einen entscheidenden Nutzen der Plazenta-Diagnostik hin. Dies sei beispielsweise bei einem unentdeckten Schwangerschafts-Diabetes oder einer unbekannten Blutgerinnungsstörung der Mutter der Fall.

Letzteres kann ein maßgeblicher Faktor für zwei oder mehr aufeinanderfolgende Aborte oder Fehlgeburten sein. Sicherlich hat nicht jede Schwangere mit einer Blutgerinnungsstörung eine Fehlgeburt, jedoch besteht auch die Möglichkeit, dass sie diese Veranlagung auf den Embryo überträgt. Kleine Blutgerinnsel können dann teilweise schon vor der Geburt Organinfarkte bei dem Kind auslösen. Zwar sind diese, insbesondere auch Schlaganfälle, bei Neugeborenen selten, dafür werden sie anfangs aber auch meist übersehen.

„Ein Plazenta-Befund kann in einem solchen Fall den entscheidenden Verdacht liefern“, sagt Prof. Müller. „Und zwar zum Vorteil für das jetzt geborene Kind, das dadurch frühzeitig entsprechend behandelt werden kann, und die nächste Schwangerschaft, da die werdende Mutter dann auch entsprechend therapiert wird.“

„Wir wissen immer noch zu wenig“

Die Plazenta, als Teil des Kindes betrachtet, kann Informationen über die Schwangerschaft verbunden mit mütterlichen Erkrankungen, aber auch über die Geburt selbst liefern. „Sie gibt unter anderem Hinweise über Ursachen eines Kindstods oder Zeitpunkt eines Fruchttods“, sagt Prof. Müller. „Wir sehen aber auch an der Plazenta, ob das Kind während der Geburt Stress erleidet und zu wenig Sauerstoff bekommen hat.“

Daher plädiert die Kinderpathologin auf dem heutigen Kongress dafür, dass Plazenten nicht einfach weggeworfen, sondern verstärkt von Experten untersucht werden. Denn die Plazentadiagnostik könne ausschlaggebende Hinweise bei einem Kindstod während der Geburt oder kurz danach geben, und sei somit auch für Rechtsmediziner sachdienlich.

Die Tagung „Todesfälle von Feten, Neugeborenen und Säuglingen – Medizinische Diagnostik zur Todesursachenklärung“ spannt einen Bogen von klinisch-pathologischen zu den rechtsmedizinischen Befunden und Diagnosen bei vorgeburtlichen Todesfällen sowie unter der Geburt oder kurz nach der Geburt verstobenen Kindern.

QuelleRheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

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