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Neue Aspekte der Immunantwort untersucht

Wie Zellen Krankheitserreger erkennen und das Immunsystem rasch alarmieren, ist ein grundlegender Prozess, der für das Überleben von hoher Bedeutung ist. © Christoph Burgstedt / iStock / Getty Images Plus

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Abwehrsystem: Neue Aspekte der Immunantwort untersucht

Forscher im Labor von Giulio Superti-Furga am CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften haben in Zusammenarbeit mit Boehringer Ingelheim ein neues Schlüsselelement der aus mehreren Komponenten bestehenden Maschinerie entdeckt, die für die Bestimmung von Art und Schweregrad der durch einen Krankheitserreger dargestellten Bedrohung verantwortlich ist.

Das neue Protein mit dem Namen TASL ist für die Signalübertragung von sogenannten Toll-like-Rezeptoren (TLR) in den Endosomen unerlässlich und führt in bestimmten Immunzellen zur Aktivierung des Genaktivators IRF5.

Das Immunsystem ist das natürliche Abwehrsystem des Körpers und besteht aus einem Netzwerk an Zellen, Molekülen, Geweben und Organen, die den Körper gemeinsam vor Infektionserregern, wie Viren, Bakterien oder pathogenen Pilzen schützen. Das Immunsystem ist mit einem ausgeklügelten Repertoire an Wahrnehmungsmechanismen ausgestattet, welche diese Krankheitserreger erkennen und für eine angemessene Immunantwort sorgen.

Autoimmunerkrankungen entstehen, wenn das Immunsystem die Fähigkeit verliert, eigene von fremden Strukturen zu unterscheiden. Frühere Studien haben gezeigt, dass das zur größten Familie der Transportproteine im menschlichen Körper gehörende SLC15A4 als wesentlicher für die korrekte Funktionsweise dieser TLRs erforderliche Bestandteil bekannt ist. 

Bisher unbekanntes Protein entdeckt

Aufgrund ihres großen Forschungsinteresses an der Erkennung von Pathogenen durch das angeborene Immunsystem und an der Charakterisierung von Solute Carriers, haben Forscher aus der Gruppe um Giulio Superti-Furga, Wissenschaftlicher Direktor von CeMM, untersucht, wie SLC15A4 die Fähigkeit der TLRs zur Erkennung von Krankheitserregern beeinflusst, um damit ein besseres Verständnis für seine Rolle in Autoimmunerkrankungen und insbesondere bei SLE zu erzielen.

In ihrer Studie nahmen Erstautor Leonhard Heinz und das Team, zusammen mit Forschern von Boehringer Ingelheim in Ridgefield, präzise Ermittlungen vor, im Zuge derer sie bisherige Ergebnisse zu SLC15A4 und die Verbindung zu dieser Gruppe speziell lokalisierter TLRs nicht als gegeben voraussetzten.

Mit Mitteln der Biochemie und Massenspektrometrie bestimmten sie akribisch die molekularen Wechselwirkungen, an denen SLC15A4 beteiligt war. Dies führte zur Identifizierung des bisher nicht charakterisierten Proteins CXorf21, das den funktionell "verwaisten" Genen zugerechnet wird, welche lediglich eine Nummer erhalten und dem Ursprungschromosom zugeordnet werden. 

Schlüssel-Adapter für angeborene Immunität

Das Gen war zuvor, wie SLC15A4, lose mit SLE assoziiert worden. Das Team zeigte, dass die Wechselwirkung zwischen TASL und SLC15A4 für die Lokalisierung und Funktion des TASL-Proteins wesentlich war und konnte die beteiligten Abschnitte beider Proteine präzise bestimmen. Ein Heureka-Moment für das Verständnis des Proteins trat mit der Beobachtung ein, dass TASL ein bestimmtes für die Rekrutierung und Aktivierung von IRF5 wesentliches Motiv beherbergt.

„Nach STING, MAVS und TRIF ist das neue Protein TASL der vierte Schlüssel-Adapter für angeborene Immunität als Plattform für das Aufeinandertreffen einer Kinase und eines Genaktivators aus der IRF-Familie“, so Manuele Rebsamen, CeMM Senior Postdoctoral Fellow und Projektleiter der Studie.

Diese Erkenntnisse werfen die Möglichkeit auf, dass eine pharmakologische Beeinflussung des SLC15A4/TASL-Komplexes die Regulierung der TLR-Antworten erlauben und folglich die Entzündungsreaktionen im Körper modulieren könnte. 

Spannende wissenschaftliche Fragen

„Es war uns klar, dass SLC15A4 in der endosomalen TLR-Funktion eine Schlüsselrolle spielt und am Erkrankungsgeschehen beteiligt ist, aber der zugrunde liegende Mechanismus wurde nicht verstanden. Das sind genau die spannenden wissenschaftlichen Fragen, mit denen wir uns an unserem Institut gerne beschäftigen“, berichtet Giulio Superti-Furga, Wissenschaftlicher Direktor von CeMM und Studienverantwortlicher.

Er fügt hinzu: „Wir freuen uns, dass die Vision, die wir mit Boehringer Ingelheim teilen, nämlich dass es sich bei Solute Carriers um eine Gruppe krankheitsrelevanter Proteine handelt, die einer näheren Erforschung würdig ist, mit dieser erfolgreichen und spannenden Partnerschaft belohnt wurde.” 

Diese Studie ist das Ergebnis einer Zusammenarbeit zwischen dem CeMM und der Drug Concept Discovery Group unter der Leitung von Charles Whitehurst und JangEun Lee im Immunology and Respiratory Diseases Department bei Boehringer Ingelheim (Ridgefield, CT, USA). Die Forscher profitierten auch von der Unterstützung der Proteomics and Metabolomics (Pro-Met-) Facility und der Biomedical Sequencing Facility (BSF) am CeMM.

Quelle: CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften


Publikation: Leonhard X. Heinz et al.; TASL is the SLC15A4-associated adaptor for IRF5 activation by TLR7–9; Nature, 2020; DOI: 10.1038/s41586-020-2282-0

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