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Verdächtige Genvariante entdeckt

Muskelbiopsie eines Patienten: Untergegangenes Muskelgewebe (rot) ist durch Bindegewebe (rosa) und Fettgewebe (weiss) ersetzt worden. © Klinikum der Universität München

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Angeborene Muskelerkrankungen: Verdächtige Genvariante entdeckt

Wissenschaftler am Klinikum der Universität München sowie den Universitäten Newcastle und Liverpool haben in Zusammenarbeit mit internationalen Kollegen eine Genmutation identifiziert, die zu einer angeborenen Muskelerkrankung führt. Um den Mechanismus dieser Erkrankung zu verstehen, untersuchten die Forscher die Funktion des Gens INPP5K in Zebrafischlarven. Die Ergebnisse bestätigten einen Zusammenhang zwischen einer verdächtigen Variante des Gens und der Entstehung der Krankheit.

Am Anfang dieser Entdeckung stand eine Familie, in der zwei Kinder von Geburt an eine verzögerte motorische Entwicklung und Muskelschwäche zeigten. Neben den Muskeln waren auch die Augen und das Gehirn betroffen: Die Patienten entwickeln schon in jungen Jahren grauen Star und hatten eine leichte geistige Behinderung.

Die Wissenschaftler analysierten das gesamte Exom der Patienten, also alle Abschnitte der Erbsubstanz, die Proteine verschlüsseln. Dabei fand sich eine verdächtige Variante im Gen INPP5K, die mit dem Auftreten der Erkrankung in Verbindung zu stehen schien. Die Bestätigung lieferte dann die Untersuchung anderer Patienten mit dem gleichen Krankheitsbild: In Zusammenarbeit mit Kollegen aus dem In- und Ausland stieß das Forscherteam auf Mutationen in sieben weiteren Familien.

INPP5K-Mutationen

Der Verlust von INPP5K führt dort zu fehlerhafter Entwicklung von Muskeln und Augen. Das Gen INPP5K enthält den Bauplan für ein Enzym, das eine wichtige Rolle bei der Umwandlung sogenannter Phosphoinositide spielt, die ihrerseits an der Steuerung zahlreicher Zell- und Organfunktionen beteiligt sind.

Tatsächlich stellte sich in weiteren Untersuchungen heraus, dass die meisten der bei Patienten gefundenen INPP5K-Mutationen zu einer deutlichen Verminderung der Enzymaktivität führten.

Der Zusammenhang zwischen Störungen des Phosphoinositid-Metabolismus und erblichen Erkrankungen beim Menschen war schon in früheren Untersuchungen belegt worden. Dabei betrafen Mutationen aber nicht INPP5K sondern andere Enzyme. Das durch INPP5K-Mutationen ausgelöste Krankheitsbild gehört zu den seltenen Erkrankungen. 

Diagnostik und Beratung

„Nur dank einer weltweiten Kooperation mit Ärzten und Genetikern waren wir in der Lage, mehrere betroffene Familien zu identifizieren und unseren anfänglichen Verdacht zu bestätigen", so Prof. Dr. Jan Senderek vom Friedrich-Baur-Institut am Klinikum der Universität München (LMU) und Letztautor der Veröffentlichung.

Wenngleich sich aus der Studie noch keine Therapie ableiten lässt, verbessert die Identifizierung des ursächlichen Gendefekts die Aussichten für die Entwicklung neuer Behandlungsmöglichkeiten. Und bereits jetzt haben die Ergebnisse praktische Bedeutung, wie Prof. Senderek anmerkt.

„Die Entdeckung der Ursache der Erkrankung ermöglicht die gezielte genetische Diagnostik und Beratung betroffener Familien und trägt so zur besseren Versorgung von Patienten mit dieser seltenen Erkrankung bei."

Quelle: Klinikum der Universität München


Originalpublikation: Wiessner et al.; Mutations in INPP5K, Encoding a Phosphoinositide 5-Phosphatase, Cause Congenital Muscular Dystrophy with Cataracts and Mild Cognitive Impairment; American Journal of Human Genetics, 2017; DOI: 10.1016/j.ajhg.2017.01.024

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