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Verlängerte Proteine begünstigen Krebs

Das Ende eines Proteins wird im Erbgut mit einem sogenannten Stop-Codon markiert. © Christoph Burgstedt / iStock / Getty Images Plus

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Non-Stop-Mutationen: Verlängerte Proteine begünstigen Krebs

Wird ein Protein durch eine Genveränderung zu lang, kann das die Entstehung von Krebs begünstigen, wie Wissenschaftler vom Universitätsklinikum Freiburg sowie vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und vom Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK) erstmals zeigen.

Erbgutveränderungen können in bestimmten Fällen dazu führen, dass Proteine länger werden als vorgesehen. Das kann gravierende Folgen haben, wie Wissenschaftler des Universitätsklinikums Freiburg und vom DKFZ mit Partnern im DKTK jetzt nachgewiesen haben. Sie identifizierten und analysierten 3412 solcher Veränderungen aus 62 unterschiedlichen Tumorarten und machten die Daten für andere Forschende öffentlich zugänglich.

Anhand eines krebshemmenden Proteins belegten sie die Bedeutung sogenannter Non-Stop-Mutationen: War das krebshemmende Protein SMAD4 verlängert, wurde es in der Zelle deutlich schneller als normal abgebaut und konnte so seine Kontrollfunktion nicht ausreichend wahrnehmen.

Genveränderungen haben Einfluss auf Funktion von Krebsgenen

„Wir konnten zeigen, dass eine bislang ignorierte Klasse an Erbgutveränderungen bei Krebs eine wichtige Rolle spielen kann. Das könnte künftig neue Therapieansätze ermöglichen, die zielgerichtet bei denjenigen Patienten eingesetzt werden, deren Tumor entsprechende genetische Veränderungen trägt", sagt Sven Diederichs, der die Abteilung Onkologische Forschung in der Klinik für Thoraxchirurgie am Universitätsklinikum Freiburg und die Abteilung RNA Biology and Cancer des DKFZ in Heidelberg leitet.

Darüber hinaus ist er Wissenschaftler im DKTK. „Unsere Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, vermeintlich unwichtige genetische Veränderungen zu verstehen, da sie erheblichen Einfluss auf die Funktion von Krebsgenen haben können", so Diederichs.

Wenn der Stopp-Schalter fehlt

Das Ende eines Proteins wird im Erbgut mit einem sogenannten Stop-Codon markiert. Es besteht aus drei Buchstaben und sorgt dafür, dass die Kette an Proteinbausteinen unterbrochen wird. Wird dieses Stop-Codon beispielsweise durch Umwelteinflüsse verändert, kann es passieren, dass die Proteinkette fortgeführt wird. „Ein derart verlängertes Protein kann vom Reinigungssystem der Zelle schnell erkannt und entsorgt werden. Dieser eigentlich wichtige Prozess kann so fatale Folgen haben", erklärt Diederichs, der mit seinem Team das Protein SMAD4 in Tumoren der Bauchspeicheldrüse und des Darms genauer untersuchte.

SMAD4 bremst normalerweise die Entwicklung eines gutartigen Tumors in einen bösartigen Tumor. „Weil das überlange Protein zu schnell abgebaut wird, kann es seine Funktion nicht mehr ausüben und leistet so dem Krebs Vorschub", sagt Diederichs. Mit der Studie und der neu etablierten Datenbank ist eine wichtige Grundlage geschaffen, um diese Art der Mutationen besser zu untersuchen und darauf aufbauend neue, zielgerichtete Therapieansätze zu entwickeln.

Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum


Originalpublikation: Sonam Dhamija et al.; A Pan-Cancer Analysis reveals Nonstop Extension Mutations causing SMAD4 Tumor Suppressor Degradation; Nature Cell Biology, 2020, DOI: https://doi.org/10.1038/s41556-020-0551-7

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