Die Nuklearmedizin diagnostiziert und therapiert Erkrankungen mithilfe radioaktiver Substanzen, so genannter Radiopharmaka, die an Organe oder aber an Tumorzellen binden. Damit bietet sie nicht nur die Möglichkeit einer krankheitsspezifischen Diagnostik sondern zusätzlich die einer inneren Strahlentherapie (Radionuklidtherapie).
Bei der nuklearmedizinischen Diagnostik werden krankheitsbedingte Stoffwechselveränderungen sichtbar gemacht. Dies ist möglich, da der Stoffwechsel erkrankter Zellen deutlich von dem gesunder Zellen abweicht. Um die betroffenen Zellen sichtbar machen zu können, werden dem Patienten Radiopharmaka verabreicht.
Sie bestehen aus einem radioaktiven Teilchen, dem Radioisotop, und einem zweiten Bestandteil. Dieser bindet an einen bestimmten Zelltyp im Körper und sorgt so dafür, dass das Radioisotop gezielt an die krankhaft veränderten Zellen gelangt. Es kommt zu einer starken Anreicherung beispielsweise im Tumor bei nur geringer Aufnahme in gesunden Organen.
Tumore effektiv und schonend behandeln
Mittels einer Gammakamera oder eines bildgebenden nuklearmedizinischen Diagnoseverfahrens wie der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) wird diese Verteilung im Körper sichtbar gemacht. Die nuklearmedizinische Therapie funktioniert ähnlich wie die Diagnostik. Radioaktiv markierte Substanzen werden hier gezielt zu den krankhaften Zellen transportiert und zerstören diese im Sinne einer „internen Bestrahlung“.
Auf diese Weise lassen sich auch kleinste und weit verstreute Tumore effektiv und schonend behandeln. Die Kombination von Radiopharmaka sowohl zur Diagnostik als auch zur Therapie einer Erkrankung wird als Theranostik bezeichnet.
Ein sehr erfolgreiches und bereits etabliertes Verfahren im Bereich der Theranostik ist die Radiojoddiagnostik bei Schilddrüsentumoren und deren Behandlung mittels Radiojodtherapie. Mehr als 90 Prozent der betroffenen Patienten werden durch diese nuklearmedizinische Behandlung geheilt.
Nuklearmedizinisches Therapieverfahren
Die Untersuchung der Schilddrüse erfolgt mit Hilfe der nuklearmedizinischen Szintigrafie. Wenn bei dieser Untersuchung Schilddrüsenkrebses festgestellt wird, besteht die erste Therapiemaßnahme in der operativen Entfernung des Tumors sowie nahezu der gesamten Schilddrüse.
Wegen zu befürchtender Nebenwirkungen, wie einer Verletzung des Stimmbandnervs, ist es allerdings nicht möglich, die Schilddrüse komplett zu entfernen. Nach der Operation wird mit Hilfe der risikoarmen Radiojodtherapie das verbliebene Schilddrüsengewebe und darin eventuell vorhandene Tumorzellen komplett ausgeschaltet.
Bei diesem nuklearmedizinischen Therapieverfahren nehmen die Tumorzellen radioaktives Jod-131 auf. Die kurz reichende Strahlung dieses radioaktiven Stoffes wird dabei genutzt, um das Restgewebe der Tumore wirkungsvoll abzutöten. Im Vergleich zu anderen Methoden der Krebsbehandlung sind die Nebenwirkungen hier deutlich geringer.
Ausdehnung der Tumorerkrankung
Für den Patienten ist im Anschluss an eine solche nuklearmedizinische Schilddrüsenkrebstherapie wieder ein normales Leben möglich. Das Prostatakarzinom ist der zweithäufigste Tumor des Mannes. Auch bei dieser Erkrankung ist die Theranostik als Kombination von Radiopharmaka sowohl zur Diagnostik als auch zur Therapie der Erkrankung möglich.
Ein neues, zielgerichtetes nuklearmedizinisches Untersuchungsverfahren gibt wichtige Hinweise über die Ausdehnung dieser Tumorerkrankung und trägt dadurch entscheidend zu ihrer genauen Diagnose bei.
Bei der Untersuchung kann das prostataspezifische Membran-Antigen (PSMA) dargestellt werden, ein Eiweißkörper, der auf der Zelloberfläche von Prostatakarzinomzellen verstärkt zu finden ist. Durch Bindung einer schwach radioaktiv markierten Substanz an diesen Eiweißkörper besteht die Möglichkeit, Tumore sehr genau sichtbar zu machen.
Dies geschieht mittels einer PET/CT-Untersuchung, der Kombination des bildgebenden nuklearmedizinischen Diagnoseverfahrens der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) mit der in der Röntgendiagnostik verwendeten Computertomographie (CT).
Bereits kleinste Ansammlungen von Prostatakrebszellen können durch dieses Verfahren dargestellt werden, so dass selbst kleine Tumorherde nachgewiesen und damit wichtige Erkenntnisse über die Ausdehnung der Tumorerkrankung gewonnen werden. Mit diesem Verfahren können außerdem große Erfolge bei der Therapie von Prostatakrebs verbucht werden: Wird der Wirkstoff PSMA mit einem stark strahlenden therapeutischen Radionuklid markiert, können die Krebszellen gezielt vernichten werden.
Das übrige Gewebe wird nicht angegriffen. Untersuchungen nach einer PSMA-Therapie zeigten, dass Metastasen kleiner wurden oder gar nicht mehr nachweisbar waren. Besonders für Patienten mit dem schwierig zu behandelnden, hormonresistenten metastasierten Prostatakarzinom ist diese Therapie eine vielversprechende Alternative.