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Interkulturelle Kommunikation lohnt sich

Eine Möglichkeit, um den Mangel an MTRA auszugleichen, besteht in der Rekrutierung von ausländischem Fachpersonal. © YakobchukOlena / iStock / Thinkstock

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Integration medizinischen Personals: Interkulturelle Kommunikation lohnt sich

„Alles im Blick" - getreu des Mottos des 98. Deutschen Röntgenkongresses in Leipzig standen auch zahlreiche Veranstaltungen für MTRA auf dem Programm. Der Workshop „Interkulturelle Kommunikation" befasste sich theoretisch und praktisch mit den Herausforderungen, die der hohe Bedarf an Personal sowie die Kulturenvielfalt mit sich bringen. MTA - Das Portal war dabei.

Der MTRA-Beruf ist in der Gesellschaft weder besonders bekannt, noch sind die Verdienstmöglichkeiten attraktiv, obwohl die Arbeit in der radiologischen Diagnostik sehr anspruchsvoll ist. So ist es kaum verwunderlich, dass in Deutschland schon seit Jahren ein Mangel an Medizinisch-technischen Radiologieassistenten herrscht.

In Zukunft wird diese Lücke aufgrund demografischer Veränderungen und schließender Ausbildungsstätten noch größer: MTRA wandern in die Industrie ab, beispielsweise weil ihre Karriere- und Aufstiegschancen nach der Ausbildung begrenzt sind. Auch dass die Ausbildung ohne Vergütung absolviert wird, schreckt manche Interessenten ab.

Herausforderungen bei Fachpersonal aus dem Ausland

Workshop-Coaches © Michael ReiterHeike E. M. Jänicke (links) und Julia Hieke. © Michael Reiter

Eine Möglichkeit, um den Mangel an MTRA auszugleichen, besteht in der Rekrutierung von ausländischem Fachpersonal. Um in der deutschen Gesellschaft anzukommen und zu arbeiten, gilt es jedoch einige Hürden zu überwinden. Im ersten Teil des Workshops „Interkulturelle Kommunikation" berichtete Julia Hieke, Managing Director bei Medstep.de, wie das Unternehmen für Karriere- und Personalmanagement mit Schwerpunkt Gesundheit Interessierten bei der Integration hilft.

Durch die steigende Bereitschaft, das Heimatland zu verlassen, immer größere globale Mobilität und die guten wirtschaftlichen Bedingungen hierzulande ließen sich Kandidaten heute eher dazu motivieren, nach Deutschland zu kommen, so Hieke. Dabei sei es einfacher, geeignete MTRA in europäischen Ländern zu finden als im „Rest der Welt". Die Agentur wählt vorab geeignete Bewerber aus, organisiert Vorstellungstermine, Probearbeiten mit Fahrtkostenzuschuss oder eine Begleitung, falls dies gewünscht ist.

Zudem hilft sie bei der Kommunikation mit Behörden, unterstützt bei der Berufsanerkennung, der Wohnungssuche, bei Versicherungen etc. Das größte Problem: Selbst Bachelor, Master und ähnliche Abschlüsse aus aller Welt werden in Deutschland nicht unbedingt anerkannt. Im letzten Jahr wurde die Gesetzgebung so geändert, dass nun die Stundenzahl für abzuleistende Theorie und Praxis vorgegeben ist. Dies ermöglicht eine einfachere Anerkennung als früher.

Neben dem B2-Sprachzertifikat sind oft theoretische und praktische Kenntnisse in Nuklearmedizin sowie Strahlentherapie nachzuholen, auch ein Strahlenschutzschein ist vorzuweisen. Für die Anerkennung prüfen die Bezirksregierungen individuell, wie viele Stunden aufgrund der Arbeitserfahrung eines jeden Bewerbers in einzelnen Fächern erbracht werden müssen. Daraus ergeben sich dann Anpassungslehrgänge und Kenntnisprüfungen.

Angestellt werden dürfen die ausländischen Fachleute derweil schon, es ist nur nicht erlaubt, dass sie in der Qualifizierungsphase alleinige Dienste leisten. Die Agentur vereinbart mit den Arbeitgebern häufig, die neuen Fachleute für eine bestimmte wöchentliche Stundenzahl freizustellen, damit sie die Anerkennung und Prüfung tatsächlich leisten können.

Oft bleibt der Kontakt zwischen Vermittlern und Schützlingen noch Jahre bestehen. Hieke spricht regelmäßig mit allen Beteiligten, bietet Fortbildungen und gemeinsame Aktionen an und hilft so zu einem größeren Verständnis untereinander. Denn jeder Kandidat hat eine gewisse, eigene Vorstellung des Lebens in Deutschland.

Eigene Erfahrung hilft beim Verstehen

© Mirjam BauerDie Teilnehmer spielten zuerst in zwei Gruppen einfache Spiele, um einander besser kennenzulernen. © Mirjam Bauer

Um diese psychologischen und kulturellen Herausforderungen selbst nachzuvollziehen, bestand der zweite Teil des Workshops aus praktischen Übungen und anschließenden Gesprächen. Die Teilnehmer spielten zuerst in zwei Gruppen einfache Spiele, um einander besser kennenzulernen. Heike E. M. Jänicke, Coach und Trainerin, vermittelte den Teilnehmern, wie man sich als „Fremder" fühlt und welche Probleme dabei auftreten können.

Dabei spielen affektive, kognitive und pragmatisch-kommunikative Fähigkeiten sowie unterschiedliche Kulturdimensionen eine wichtige Rolle. Nach dem Interkulturellen-Kompetenz-Modell von Dr. Darla K. Deardorff sind für die interkulturelle Kompetenz eine interne und eine externe Wirkung spürbar, die zu einer Lernspirale werden.

Durch vermehrten sprachlichen Austausch, erklärte Gewinnabsichten, persönliche Nähe und ein von Jänicke induziertes Zusammenrücken in der Gruppe entstand schnell eine Gruppenzugehörigkeit bei den Teilnehmern. Unerwartet tauschte Jänicke dann zwei Gruppenmitglieder aus – einer Person fiel dieser Tausch eher leicht, eine andere tat sich damit schwer und fühlte sich sogar ein wenig ausgeschlossen. Diese Übung soll die Erfahrungen von Migranten oder Geflüchteten in ihrem Zielland widerspiegeln.

Ein Workshop für beide Seiten

Einige Teilnehmer dachten anfangs, Thema des Workshops sei der Umgang mit Patienten aus anderen Kulturen – und nicht die Integration von Fachpersonal aus anderen Kulturräumen. Doch beides wurde erreicht: Am Ende der drei Stunden hatten alle Beteiligten auch neue Fähigkeiten in Bezug auf den Umgang mit Patienten hinzugelernt. Sie können sich nach Aussage Jänickes nun auch besser in den Patienten hineinversetzen und verstehen, in welchem Ausnahmezustand er sich befindet.

„Fast jeder Patient hat Angst während der ungewohnten Situation in der Radiologieabteilung oder vor schlimmen Diagnosen. Er will nicht schnell durchgeschleust, sondern verstanden werden – genau wie das Fachpersonal aus den unterschiedlichen Ländern, das hier in Deutschland arbeiten möchte." Leider gäbe es keine Patentlösungen, wie mit anderen Kulturen umgegangen oder kommuniziert werden soll, so Jänicke. Weiterhelfen können Piktogramme und Dolmetscher, wenn ein Patient gar kein Deutsch versteht.

Wichtig ist der Perspektivenwechsel – das Verstehen des Anderen – und die Achtung vor jedem Menschen. „Der Workshop soll motivieren, aus der Situation heraus zu entscheiden, denn diese ist bei jedem Patient anders", so Jänicke. „Nach einer Stunde haben die meisten bereits genug Impulse, um über sich selbst, ihr Verhalten im Team, gegenüber Vorgesetzten und gegenüber Patienten in diesem Zusammenhang zu reflektieren. Diejenigen, die diese Botschaften verstanden haben, wirken als Multiplikatoren und geben ihre Erfahrungen an andere MTRA weiter."

Mirjam Bauer

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