Die Zahl der Syphilisfälle klettert in Deutschland weiter nach oben, eine Zunahme der Inzidenz um bis zu 20 Prozent jährlich ist derzeit üblich. Treponema pallidum lautet der Name des Bakteriums, welches für die Geschlechtskrankheit Syphilis, auch als Lues bezeichnet, verantwortlich ist. Hierbei handelt es sich um ein gramnegatives Bakterium aus der Familie der Spirochäten. Zunächst greift der Keim die Haut und die Lymphknoten, später das Gehirn und weitere Organe an. Die Übertragung erfolgt über den direkten Haut- und Schleimhautkontakt mit stark erregerhaltigen Mikroläsionen.
Eine Krankheit – vier Phasen
Der klinische Verlauf wird in die Frühsyphilis (primäres und sekundäres Stadium) sowie in die Spätsyphilis (tertiäre und quartäre Syphilis) eingeteilt. Nach einer Inkubationszeit von zehn Tagen bis drei Monaten kommt es im Primärstadium zu einem rötlichen Knötchen (Primäraffekt), das sich an der Eintrittsstelle des Erregers, meist am Mund oder an den Geschlechtsorganen, bildet. Daraus entwickelt sich ein charakteristisches, schmerzfreies Geschwür mit hartem Rand (Ulcus durum), in dem sich eine hohe Konzentration an Treponemen befindet. Dieses heilt innerhalb von einigen Wochen unter Narbenbildung wieder ab. Die Gefahr der Ansteckung ist beim sexuellen Kontakt mit einem Partner im ersten Erkrankungsstadium besonders hoch, das Infektionsrisiko liegt hier bei 30 bis 60 Prozent.
Unbehandelt treten in der zweiten Phase der Syphilis Beschwerden wie Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen, Fieber, Abgeschlagenheit, Hautveränderungen sowie geschwollene Lymphknoten auf. Außerdem kann es zu Hautrötungen kommen, die leicht mit allergischen Hautreaktionen, Masern oder Psoriasis verwechselt werden.
Der zeitliche Abstand der tertiären Syphilis zur Ansteckung beträgt zwischen sechs Monaten und zehn Jahren, meistens tritt die Spätform nach etwa drei bis vier Jahren auf. Betroffene leiden unter Hautausschlägen sowie sogenannten Gummata (Geschwüre, die nach außen durchbrechen können). Darüber hinaus wirkt sich die tertiäre Form schädigend auf das zentrale Nervensystem, das Herz-Kreislauf-System sowie auf das Skelett, die Augen und das Gehör aus.
Die Neurosyphilis oder quartäre Syphilis geht mit einer Entzündung des zentralen Nervensystems einher. Typische Anzeichen sind fehlende Reflexe, Impotenz, Störungen der Blasen- und Darmreflexe, stechende Schmerzen in einem begrenzten Gebiet am Bein oder im Fuß sowie eine Hirnhautentzündung.
Antibiotische Behandlung
Die Diagnostik besteht aus verschiedenen serologischen Untersuchungen (zum Beispiel TPHA als Suchtest) sowie aus dem direkten Erregernachweis. Mittel der Wahl in allen Stadien ist der Wirkstoff Penicillin, eine Resistenz von Treponema pallidum gegen Penicilline ist bislang nicht bekannt. Bei einer Penicillin-Allergie kommen ersatzweise Doxycyclin oder Erythromycin zum Einsatz.
Wie lässt sich der Anstieg erklären?
85 Prozent der Infektionen gingen auf Männer zurück, die Geschlechtsverkehr mit Männern hatten, in dieser Gruppe zeigte sich auch die größte Zunahme der Fälle. Experten führen den Anstieg auf das veränderte Sexualverhalten zurück: Zum einen erleichtern Dating-Apps die Kontaktaufnahme, zum anderen ist die Risikobereitschaft vermutlich durch die HIV-Präexpositions-Prophylaxe (PeEP), die Einnahme antiviraler Medikamente von HIV-negativen Personen mit einem erhöhten Risiko für eine HIV-Infektion, gestiegen.
Prävention
Die Aufklärung über Safer Sex gilt als wichtige Maßnahme zur Bekämpfung von Syphilis. Da die Erkrankung in der Hälfte der Fälle asymptomatisch verläuft, ist es sinnvoll, homosexuellen Männern mit wechselnden Sexualpartnern auch bei fehlenden Beschwerden Syphilis-Tests anzubieten. Eine Impfung gegen die Geschlechtskrankheit existiert nicht.
Martina Görz
Quellen:
- Syphilis (Lues); AMBOSS
- Zahl der Syphilis-Diagnosen wieder gestiegen; aerzteblatt 2016
- Syphilis; DocCheck Flexikon
- SYPHILIS; Frauenärtze im Netz 2018
- Sexuell übertragbare Krankheit: Immer mehr Deutsche leiden an Syphilis; ntv 2018
- Sexuell übertragbare Krankheit: Die Rückkehr der Syphilis; Pharmacon Meran 2011
- Sexuell übertragbare Krankheiten Syphilis weiter auf dem Vormarsch; Pharmacon Meran 2013
- Syphilis; Robert Koch Institut (RKI-Ratgeber)
- Sustam A. Wehrmedizinische Monatszeitschrift 2018; 62: 391-392. Beta Verlag & Marketinggesellschaft mbH, Bonn