Branche
on
Dem Gedächtnis auf der Spur

Der Hippocampus ist die Hirnregion, die für das Lernen und Erinnern zuständig ist. © moodboard / moodboard / Thinkstock

| | | | | | | |

Lernen und erinnern: Dem Gedächtnis auf der Spur

Lernen und Erinnern sind zwei wichtige Funktionen des Gehirns, die auf der Formbarkeit (Plastizität) des Gehirns beruhen. Aktuell berichten Forscherinnen der Goethe-Universität Frankfurt am Main, wie ein Trio von Schlüsselmolekülen diese Prozesse steuert. In ihrer Studie untersuchten sie die Hauptüberträger der stimulierenden Signale, die sogenannten AMPA-Rezeptoren. Aus den Ergebnissen ergeben sich auch neue Anhaltspunkte für die Alzheimer-Therapie.

Das Gehirn kann sich neuen Situationen anpassen, indem es die Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen (Synapsen) entsprechend umbaut, auf- oder abbaut. Insbesondere wird die Signalstärke reguliert, indem die Zahl der Rezeptoren in der Nervenzellmembran immer wieder neu angepasst wird. Das erklärt, warum wir häufig benötigte Gedächtnisinhalte schneller parat haben als beispielsweise Informationen, die wir vor Jahren für eine Prüfung gelernt und nie wieder benötigt haben.

Rezeptoren ausfahren oder einziehen

Fluoreszenzbild einer Nervenzelle © Arbeitsgruppe Amparo Acker-PalmerFluoreszenzbild einer Nervenzelle aus dem Hippocampus. In Magenta ist das aktivierte intrazelluläre Adapterprotein Dab1des Reelin-Signalweges dargestellt, das für die Gehirnreifung entscheidend ist. © Arbeitsgruppe Amparo Acker-Palmer

Die Arbeitsgruppe von Prof. Amparo Acker-Palmer vom Institut für Zellbiologie und Neurowissenschaft an der Goethe-Universität hat in ihrer Studie die Hauptüberträger der stimulierenden Signale, die sogenannten AMPA-Rezeptoren, untersucht. Im Hippocampus, der Hirnregion für das Lernen und Erinnern, können die Nervenzellen die Zahl der aktiven, „auf Empfang gestellten“ Rezeptoren ähnlich wie Antennen ausfahren oder wieder einziehen.

Auf diese Weise regulieren sie die Signalstärke. Wie die Forscherinnen jetzt herausgefunden, sind an dieser Regulation drei Schlüsselmoleküle beteiligt: GRIP1, ephrinB2 und ApoER2, ein Rezeptor für das Signalmolekül Reelin. „Das sind faszinierende Ergebnisse, weil sowohl ephrinB2 als auch Reelin seit Jahren für die Entwicklung des Gehirns als entscheidend bekannt sind“, erklärt Amparo Acker-Palmer.

„Zudem haben frühere Arbeiten aus meinem Labor gezeigt, dass es bei der Ausbreitung von Neuronen während der Gehirnreifung eine Wechselwirkung zwischen dem Reelin-Signalweg und den ephrinBs gibt“.

Regulation von Prozessen

Offenbar kann ein und derselbe Mechanismus innerhalb der Zelle ganz unterschiedliche Funktionen übernehmen. Dass makromolekulare Komplexe aus ephrinB2 und ApoER2 Prozesse der neuronalen Migration regulieren, fand die Arbeitsgruppe von Amparo Acker-Palmer bereits in einer vorangegangenen Studie heraus.

Dass diese zusammen mit GRIP1 auch die Gehirn-Plastizität im Erwachsenenalter beeinflussen, konnten die Forscherinnen in der aktuellen Studie zeigen, indem sie die Interaktion der Moleküle gezielt hemmten. Infolgedessen waren die Neuronen nicht mehr fähig, auf Änderungen in der Aktivität ihres Netzwerks zu reagieren. Außerdem zeigten sie Defekte bei der Langzeit-Plastizität, welche die zelluläre Grundlage für das Lernen und das Gedächtnis darstellt.

„Bemerkenswert ist, dass ApoER2 und ephrinB2 beide mit der Entwicklung von Alzheimer zusammenhängen, obwohl der Mechanismus noch unklar ist”, so Acker-Palmer. „Sicher ist, dass wir durch unsere Forschung nicht nur neue Interaktionen von Schlüsselmolekülen für die Regulation von Lernen und Gedächtnis gefunden haben, sondern auch potenzielle Angriffspunkte für die Behandlung der Alzheimer-Krankheit“.

Quelle: Goethe-Universität Frankfurt am Main


Publikation: Pfennig, Foss et al.; GRIP1 Binds to ApoER2 and EphrinB2 to Induce Activity-Dependent AMPA Receptor Insertion at the Synapse; Cell Reports, 2017; doi: 10.1016/j.celrep.2017.09.019

Newsletter abonnieren

Newsletter Icon MTA Blau 250x250px

Erhalten Sie die wichtigsten MT-News und Top-Jobs bequem und kostenlos per E-Mail.

Mehr zum Thema

Rote Blutkörperchen
Darstellung von RNA

Das könnte Sie auch interessieren

Darmuntersuchung
Amöbe Naegleria fowleri
Bakterien