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Extremer Lebensraum für Mikroben

Or­ga­nis­men, die weit un­ter dem Mee­res­bo­den le­ben, le­ben in ei­ner le­bens­feind­li­chen Um­ge­bung. © Allexxandar / iStock / Getty Images Plus

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Tiefe Biosphäre: Extremer Lebensraum für Mikroben

Ein in­ter­na­tio­na­les Team von For­schen­den hat die Über­le­bens­me­cha­nis­men von Mi­kro­or­ga­nis­men in Ge­stei­nen un­ter­sucht, die sich Tau­sen­de von Me­tern un­ter dem Oze­an­bo­den in der un­te­ren ozea­ni­schen Krus­te ein­nis­ten. Die Stu­die un­ter Fe­der­füh­rung der Woods Hole Ocea­no­gra­phic In­sti­tu­ti­on (WHOI) wur­de nun ver­öf­fent­licht. Mit be­tei­ligt ist auch Dr. Flo­rence Schu­botz vom MARUM – Zen­trum für ma­ri­ne Um­welt­wis­sen­schaf­ten der Uni­ver­si­tät Bre­men.

Für den Nach­weis ha­ben die Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler Bo­ten-Ri­bo­nu­kle­in­säu­re (Bo­ten-RNA) ana­ly­siert. Sie ist da­für ver­ant­wort­lich, In­for­ma­tio­nen zur Bil­dung von Pro­te­inen in Zel­len zu trans­por­tie­ren. Die­se Ana­ly­se wur­de mit Mes­sun­gen von En­zym­ak­ti­vi­tä­ten, Mi­kro­sko­pie, Kul­tu­ren und Bio­mar­ker-Ana­ly­sen ge­kop­pelt.

Das Er­geb­nis die­ser kom­bi­nier­ten Un­ter­su­chun­gen zeigt, dass es eine viel­fäl­ti­ge Ge­mein­schaft von Mi­kro­ben gibt, die als Kon­su­men­ten in der Nah­rungs­ket­te agie­ren und so Koh­len­stoff und En­er­gie er­hal­ten. „Or­ga­nis­men, die weit un­ter dem Mee­res­bo­den le­ben, le­ben in ei­ner le­bens­feind­li­chen Um­ge­bung“, sagt Dr. Vi­vi­an Mara, WHOI-Bio­che­mi­ke­rin und eine der Haupt­au­to­rin­nen des Ar­ti­kels.

Knap­pe Res­sour­cen fin­den ih­ren Weg in den Mee­res­bo­den durch Meer­was­ser und un­ter­ir­di­sche Flüs­sig­kei­ten, die durch Ris­se im Ge­stein zir­ku­lie­ren und an­or­ga­ni­sche und or­ga­ni­sche Ver­bin­dun­gen mit sich füh­ren. „Um das spär­li­che Le­ben in die­sen Stei­nen nach­zu­wei­sen, müs­sen wir auf mo­derns­te Spu­ren­ana­ly­tik zu­rück­grei­fen“, er­klärt Flo­rence Schu­botz, or­ga­ni­sche Geo­che­mi­ke­rin am MARUM.

Kostbare Proben erforschen

Um zu se­hen, wel­che Ar­ten von Mi­kro­ben in die­sen Ex­tre­men le­ben und was sie tun, um zu über­le­ben, sam­mel­ten die For­sche­rin­nen und For­scher wäh­rend drei Mo­na­ten an Bord der Ex­pe­di­ti­on 360 im Rah­men des In­ter­na­tio­nal Oce­an Dis­co­very Pro­gram (IODP) Ge­steins­pro­ben aus der un­te­ren ozea­ni­schen Krus­te.

Das For­schungs­schiff reis­te zu ei­nem Un­ter­was­ser-Rü­cken na­mens At­lan­tis Bank, der den süd­li­chen In­di­schen Oze­an durch­quert. Dort legt die tek­to­ni­sche Ak­ti­vi­tät die un­te­re ozea­ni­sche Krus­te am Mee­res­bo­den frei und „bie­tet ei­nen be­que­men Zu­gang zu ei­nem sonst weit­ge­hend un­zu­gäng­li­chen Ge­biet“, schrei­ben die Au­to­rin­nen und Au­to­ren.

Das Team durch­kämm­te die Fel­sen nach ge­ne­ti­schem Ma­te­ri­al und an­de­ren or­ga­ni­schen Mo­le­kü­len, zähl­ten Zel­len und züch­te­ten Pro­ben im La­bor, um bei der Su­che nach Le­ben zu hel­fen. „Wir ha­ben ei­nen völ­lig neu­en Me­tho­den­cock­tail an­ge­wandt, um die­se kost­ba­ren Pro­ben so in­ten­siv wie mög­lich zu er­for­schen“, sagt Dr. Vir­gi­nia Edg­comb, Mi­kro­bio­lo­gin am WHOI, lei­ten­de For­sche­rin des Pro­jekts und Mit­au­to­rin der Ar­beit.

Viel­fäl­ti­ge Über­le­bens­stra­te­gi­en

„In Kom­bi­na­ti­on er­zäh­len die Da­ten eine Ge­schich­te von Über­le­bens­künst­lern, die es schaf­fen, un­ter un­wirt­li­chen Be­din­gun­gen jede spär­lich vor­han­de­ne Res­sour­ce zu nut­zen und ein­zu­la­gern.“ Flo­rence Schu­botz vom MARUM er­gänzt: „Die Er­geb­nis­se wa­ren über­ra­schend, da wir da­mit ge­rech­net ha­ben, dass in die­sen koh­len­stoff­ar­men Ge­bie­ten ur­sprüng­li­che­re Stoff­wech­sel­we­ge vor­herr­schen, die ein­fa­che Koh­len­stoff­ver­bin­dun­gen nut­zen.”

Das ist zum Bei­spiel an an­de­ren ex­tre­men Stand­or­ten wie hei­ßen Quel­len der Fall. Die Stu­die ist ein Be­leg für die viel­fäl­ti­gen Über­le­bens­stra­te­gi­en von Mi­kro­or­ga­nis­men im Oze­an­bo­den. Ei­ni­ge Mi­kro­ben schei­nen zum Bei­spiel Koh­len­stoff in ih­ren Zel­len zu spei­chern, so dass sie sich für Zei­ten des Man­gels be­vor­ra­ten konn­ten.

An­de­re ver­ar­bei­ten etwa Stick­stoff und Schwe­fel, um En­er­gie zu ge­win­nen, und schei­nen da­bei Vit­amin E und B12 zu pro­du­zie­ren, Ami­no­säu­ren zu re­cy­celn und Koh­len­stoff aus schwer ab­bau­ba­ren Ver­bin­dun­gen, den so ge­nann­ten po­lya­ro­ma­ti­schen Koh­len­was­ser­stof­fen, ver­wer­ten zu kön­nen. Die­se neu­en Ein­bli­cke in das Le­ben in fer­nen Ge­bie­ten der Erde lie­ßen of­fen, wie die­se mit an­de­ren Stoff­kreis­läu­fen in den Ozea­nen ver­knüpft sind, sagt Schu­botz.

„Wenn man be­denkt, wie groß das Vo­lu­men der ozea­ni­schen Krus­te ist, kön­nen selbst nied­ri­ge Zell­zah­len und lang­sa­me Stoff­wech­sel­ra­ten ei­nen Bei­trag zu glo­ba­len Pro­zes­sen leis­ten.“

Quelle: MARUM – Zen­trum für ma­ri­ne Um­welt­wis­sen­schaf­ten der Uni­ver­si­tät Bre­men


Originalpublikation: Vir­gi­nia Edg­comb et al.; Re­cy­cling and me­ta­bo­lic fle­xi­bi­li­ty dic­ta­te life in the lo­wer ocea­nic crust; Na­tu­re, 2020; DOI: 10.1038/s41586-020-2075-5

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