Forscher des Universitäts-Herzzentrums (UHZ) Freiburg-Bad Krozingen haben neue ultra-niedrige Röntgeneinstellungen für Herzeingriffe entwickelt. Das veränderte Strahlenprotokoll reduziert die Röntgenbelastung beim Einsetzen eines Herzschrittmachers oder Defibrillators im Vergleich zum bisherigen Vorgehen um 59 Prozent. Damit ist die Strahlendosis die niedrigste, die bislang weltweit bei dieser Art von Eingriffen in einer Studie beschrieben wurde.
Das Verfahren schont Patientinnen und Patienten sowie das medizinische Personal und kann direkt von anderen Kliniken übernommen werden. Für die am 5. September 2019 veröffentlichten Studie wurden Herzeingriffe bei insgesamt 1173 Patienten analysiert. Die Ergebnisse wurden außerdem beim diesjährigen größten europäischen Kardiologenkongress in Paris vorgestellt.
Trotz einer deutlich niedrigeren Strahlendosis war die Qualität der Aufnahmen während des Eingriffs nicht wesentlich schlechter. „Die Eingriffe dauerten genauso lang wie mit der herkömmlichen Methode. Auch bei Erfolgs- und Komplikationsrate konnten wir keine Unterschiede feststellen“, sagt der Erstautor der Studie, Dr. Martin Eichenlaub, Arzt an der Klinik für Kardiologie und Angiologie II des UHZ aus der Arbeitsgruppe von Dr. Heiko Lehrmann, Oberarzt der Abteilung Rhythmologie der Klinik für Kardiologie und Angiologie II am UHZ.
Verbesserungen sofort umsetzbar
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hatten das ultra-niedrige Strahlendosisprotokoll („ultra-low dose radiation protocol“) beim Einsetzen von Herzschrittmachern und Defibrillatoren getestet. Sie verglichen diese Patientengruppe, bei der die neuen ultra-niedrigen Röntgeneinstellungen angewendet wurden, mit Patienten, die noch mit dem herkömmlichen Strahlenprotokoll behandelt wurden.
Radiologen und Ärzte anderer Kliniken können die neuen Einstellungen aus der veröffentlichten Studie übernehmen und sofort anwenden. Diese beinhalten eine reduzierte Strahlenenergie und weniger Bilder pro Sekunde mit kürzerer Aufnahmezeit pro Bild. Die während der Operation verwendeten Kupferfilter, die Teile der Röntgenstrahlung absorbieren, sind dicker. Dank einer verbesserten Nachbearbeitung der Aufnahmen mittels Software ist die Bildqualität jedoch annähernd dieselbe.
Schädliche Röntgenstrahlung vermeiden
Röntgenstrahlen durchdringen das Gewebe und können dabei auch das Erbgut beschädigen. Dadurch werden auf lange Sicht Krebserkrankungen gefördert. Beim Einsetzen eines Herzschrittmachers oder Defibrillators werden die von der Hauptkomponente, dem Aggregat, ausgehenden Elektroden durch die Vene vorsichtig bis in die Herzkammer oder den Vorhof geschoben und dann im Herzmuskelgewebe verankert.
Der Arzt oder die Ärztin verfolgt den Vorgang mit Hilfe von Röntgenaufnahmen; während des Eingriffes sind die Anwesenden also ständiger Röntgenstrahlung ausgesetzt. Durch das neue Protokoll werden medizinisches Personal und Patienten noch besser während eines Eingriffes geschützt.
Bereits bei Kathetereingriffen etabliert
Seit 2018 werden am UHZ ähnliche Röntgeneinstellungen bereits erfolgreich bei Kathetereingriffen am Herzen angewendet, welche bei einer Verödungstherapie bei Herzrhythmusstörungen notwendig sind. Lehrmann hatte dieses Verfahren in einer 2018 veröffentlichten Studie mit dem Titel „Important reduction of the radiation dose for pulmonary vein isolation using a multimodal approach“ beschrieben.
„Im Moment arbeiten wir sehr intensiv daran, diese Kathetereingriffe in Zukunft völlig strahlungsfrei in unserer Klinik durchzuführen“, sagt Prof. Dr. Thomas Arentz, Leiter der Abteilung Rhythmologie der Klinik für Kardiologie und Angiologie II am UHZ. Eine entsprechende Pilotstudie, welche die Grundlagen hierfür schafft, wird demnächst veröffentlicht.
Quelle: Universitäts-Herzzentrum Bad-Krozingen
Originalpublikation: Martin Eichenlaub et al.; Evaluation of a new ultra-low dose radiation protocol for electrophysiological device implantation: A near-zero fluoroscopy approach for device implantation; HeartRhytm Case Reports, 2019, DOI: 10.1016/j.hrthm.2019.07.031