„Bei den im Krankenhaus erworbenen Infektionen war die Pneumonie nicht-beatmeter Patienten lange nicht im Fokus“, erklärt Aline Wolfensberger. Die Oberärztin der Klinik für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene am UniversitätsSpital Zürich (USZ) leitet das Projekt „Prevention Bundle for non-ventilator-associated Hospital-acquired Pneumonia (nvHAP)“. Es gibt wenig wissenschaftliche Literatur, wie man Pneumonien bei nicht beatmeten Patienten (nvHAP = non-ventilator hospital-acquired pneumonia) verhindert.
Die Klinikhygiene des USZ hat deshalb vor zwei Jahren zusammen mit der Pflege und der Physiotherapie ein Maßnahmen-Bündel zur Prävention von nvHAP entwickelt und ist zurzeit dabei, dessen Wirksamkeit wissenschaftlich zu überprüfen. Es umfasst die fünf Präventionsmaßnahmen: Mundpflege, Mobilisation, Schluckstörungen erkennen und behandeln, nicht-indizierte Säureblocker absetzen und physiotherapeutische Atemtherapie. Die Klinik für Geriatrie hat als erste Klinik im Februar 2018 mit der Implementierung begonnen und konnte damit die Anzahl Pneumonien bei nicht-beatmeten Patientinnen und Patienten von sieben im Jahr 2017 auf im Jahr 2018 senken.
Study Nurse Mirjam Faes Hesse wurde eigens für dieses Projekt eingestellt und unterstützt die Kliniken bei der Implementierung der Präventionsmaßnahmen: „Zurzeit sind acht Kliniken direkt am Projekt beteiligt“. Dabei handelt es sich um Kliniken, in denen nvHAP besonders häufig vorkommen. Zusammen mit nvHAP-Delegierten verschiedener Berufsgruppen erarbeitet Mirjam Faes Hesse die Maßnahmen, um das Bundle in den Klinik-Alltag zu verankern; diese unterscheiden sich je nach Klinik.
Empfehlungen der Krankenhaushygiene
An der Klinik für Traumatologie beispielsweise finden im Juli und im August je eine Mobilisations-Woche statt. „Mit Informationen für Patienten und Angehörige sowie täglichen Besprechungen mit Mitarbeitenden machen wir auf die Wichtigkeit der Mobilisation aufmerksam“, erklärt Jürgen Maier. Er ist fachführender Pflegeexperte und nvHAP-Delegierter der Klinik. „Sitzen oder stehen Patienten auf, ist die Belüftung der Lungen besser und es sammeln sich weniger Sekrete an, was wiederum das Infektionsrisiko senkt“, ergänzt Aline Wolfensberger.
Ein weiteres Beispiel: Die Klinik für Geriatrie hat unter anderem auf die Mundpflege fokussiert. Dort wurde ein alternatives Mundpflegeset getestet. „Die durchsichtige Zahnbürste übersehen ältere Menschen leicht und vergessen deshalb die Mundpflege häufiger, weshalb die Klinik einen Versuch mit farbigen Zahnbürsten durchgeführt hat“, erklärt Aline Wolfensberger.
Die Oberärztin freut sich, dass die Kliniken die Empfehlungen der Krankenhaushygiene mit so viel Eigenmotivation umsetzen: „Wir versuchen einen Infekt zu verhindern, der bisher in den allermeisten Krankenhäusern weltweit nicht im Fokus ist, obwohl er leider viele Patienten betrifft. Das ist interessante Pionierarbeit und wir freuen uns sehr zu sehen, welch gute Ideen im USZ entstehen, damit die Präventionsmaßnahmen im Alltag von Pflege, Ärzten und Physiotherapie gut verankert werden“.
Auch für Study Nurse Mirjam Faes Hesse ist es ein innovatives Projekt „Die Interprofessionalität ist sehr ausgeprägt und für dieses Projekt besonders wichtig: Sogar die Patienten-Hotellerie soll involviert werden. Dass nicht medizinisch ausgebildetes Personal in die Präventionsarbeit eingezogen wird, habe ich noch nie erlebt“.
Quelle: UniversitätsSpital Zürich
Weitere Informationen: Die 5%-Offensive des USZ hat zum Ziel, im Krankenhaus erworbene Infektionen zu senken. Dabei sind die fünf häufigsten im Fokus: Wundinfektionen, Pneumonien bei beatmeten und nicht beatmeten Patienten, Harnwegsinfektionen und Blutstrominfektionen wegen zentralvenösen Kathetern. Obwohl Pneumonien bei nicht-beatmeten Patienten eine der häufigsten nosokomialen Infektionen sind, waren sie bisher weltweit wenig im Fokus der Kliniker und Krankenhaushygieniker. Hier leistet das USZ mit seinem Bündel an Präventionsmaßnahmen Pionierarbeit.