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Schutzschicht in der Netzhaut

Die Altersabhängige Makuladegeneration (AMD) ist in den westlichen Industrienationen bei den über 60-Jährigen die Hauptursache für Erblinden. © sdigital / iStock / Thinkstock

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Krankheiten des Auges: Schutzschicht in der Netzhaut

Im Verlauf einer Altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) sterben Sehzellen in der Netzhautmitte ab. Neben dem Alter selbst gehört ein überaktives Immunsystem zu den Hauptrisikofaktoren für diese Erkrankung. Hier setzt die Forschungsarbeit von Prof. Dr. Thomas Langmann von der Uniklinik Köln an. Im Tiermodell wies er nach, dass sich durch die Injektion von Polysialinsäure, einer speziellen körpereigenen Zuckerverbindung, die Immunreaktion regulieren lässt.

Prof. Dr. Thomas Langmann © Uniklinik KölnProf. Dr. Thomas Langmann © Uniklinik Köln

Die Altersabhängige Makuladegeneration (AMD) ist in den westlichen Industrienationen bei den über 60-Jährigen die Hauptursache für Erblinden. Etwa zehn Prozent der Betroffenen entwickeln die schwerwiegendere feuchte Form der AMD, bei der Blutgefäße unkontrolliert in die Netzhaut wuchern. Derzeit injizieren Mediziner den Betroffenen sogenannte VEGF-Hemmer (Vascular endothelial growth facto), um das Wachstum neuer nichtintakter Gefäße zu unterbinden und damit schädliche Flüssigkeitsansammlungen im Auge zu begrenzen.

Die Therapie beeinflusst aber nicht die Ursache für das Wachstum der Blutgefäße: ein chronischer Entzündungsprozess ausgelöst durch ein überaktives Immunsystem. Die Forschungsarbeit von Prof. Langmann, Lehrstuhlinhaber für Experimentelle Immunologie des Auges am Zentrum für Augenheilkunde der Uniklinik Köln, setzt genau dort an: Er untersucht, wodurch die übermäßige Abwehrrektion ausgelöst wird.

In diesem Zusammenhang spielt die körpereigene Polysialinsäure eine wichtige Rolle: Sie umgibt gesunde Nervenzellen und verhindert, dass bestimmte Stoffe des Immunsystems die Rezeptoren auf der Zelloberfläche aktivieren. Im Falle einer AMD weist diese Schutzschicht in der Netzhaut Veränderungen auf. Infolgedessen kommt es zu einer chronischen Immunreaktion. Dabei werden sogenannte Mikrogliazellen aktiviert, die zu einem raschen Absterben von Sehzellen beitragen.

Von einer Immuntherapie profitieren

„Im Versuch mit Modellorganismen konnten wir zeigen, dass die Injektion von Polysialinsäure die Mikrogliazellen hemmt und damit entzündungsbedingte Gefäßwucherungen reduziert werden“, erklärt Prof. Langmann. In einer 48 Stunden nach der Injektion durchgeführten Fluoreszenzangiografie waren zum einen weniger neue Gefäße zu sehen. Zum anderen machte das bildgebende Verfahren sichtbar, dass die vorhandenen Gefäße weniger Flüssigkeit in die Netzhaut abgaben.

„Da die Immunzellreaktivität bereits bei frühen Formen der AMD nachweisbar ist, könnten die Patienten im Prinzip schon im Anfangsstadium von einer systemisch niedrig dosierten Immuntherapie profitieren“, so Langmann. Das heißt, die Betroffenen könnten anstatt der im späteren Stadium notwendigen häufigen Injektionen ins Auge schon frühzeitig ein Medikament einnehmen, das einer schädigenden Gefäßbildung entgegenwirkt.

Gemeinsam mit Prof. Dr. Harald Neumann vom Universitätsklinikum Bonn und Prof. Dr. Thomas Scheper von der Leibnitz Universität in Hannover prüft er deshalb derzeit, in welcher Konzentration und Darreichungsform Polysialinsäure aufgenommen werden muss, um im Auge entsprechend wirken zu können. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Kooperationsprojekt.

Quelle: Uniklinik Köln


Originalpublikation: S. Fauser et al.; Polysialinsäure zur Immunmodulation im Tiermodell der feuchten altersabhängigen Makuladegeneration (AMD); Klin Monatsbl Augenheilkd, 2017; DOI: 10.1055/s-0043-105138

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