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Steuermechanismus für Hirntumore entdeckt

Für die präzise Untersuchung des Regulators ANXA2 wurden insgesamt 49 Gewebeproben von Patienten ausgewertet. © Sebastian Kaulitzki / iStock / Thinkstock

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Therapieansätze: Steuermechanismus für Hirntumore entdeckt

Forscher des Universitätsklinikums Freiburg haben gemeinsam mit schwedischen Kollegen herausgefunden, dass ein Eiweiß-Molekül bei der Entstehung eines mesenchymalen Glioblastoms mitwirkt. Die Vermehrung von Krebszellen konnte von den Wissenschaftlern gestoppt werden, indem sie den Schalter blockierten. Für ihre Forschung verwendeten sie ein mathematisches Verfahren, das unterschiedliche Tumordaten gleichzeitig auswertet.

„Wir konnten zeigen, dass das Eiweiß ANXA2 entscheidend ist für die Entstehung mesenchymaler Glioblastome“, sagt Dr. Maria Stella Carro, Leiterin der Forschungsgruppe ‚Genetik von Hirntumoren‘ an der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Freiburg. Wie die Wissenschaftler zeigten, wird ANXA2 auf Ebene der Epigenetik reguliert, indem das Gen durch Methylierung an- oder abgeschaltet wird.

„Je schwächer das ANXA2-Gen aktiv war, desto aggressiver war die Krebsentwicklung. Darum könnte sich dieser Aktivitätsstatus auch für die Prognose der Erkrankung eignen“, sagt Erstautor Dr. Roberto Ferrarese, Wissenschaftler in der Forschungsgruppe von Dr. Carro an der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Freiburg.

Wechselwirkungen gemeinsam auswerten

ANXA2 spielt bei Blutabbau, Zellwachstum und Zellbewegung eine Rolle. Anders als in Zellen des mesenchymalen Glioblastoms wird ANXA2 im gesunden Gehirn kaum gebildet. „Die Blockade von ANXA2 ist ein sehr interessanter Therapieansatz. Denn gesundes Hirngewebe dürfte davon vermutlich nicht betroffen sein“, sagt Dr. Carro. Da ANXA2 auch in anderen Krebsarten eine wichtige Rolle spielt, werden Wirkstoffe gegen das Eiweiß bereits in ersten Studien untersucht.

Entdeckt wurde die zentrale Funktion des Eiweißes beim mesenchymalen Glioblastom durch ein neues Analyseverfahren. Damit lassen sich erstmals Wechselwirkungen innerhalb und zwischen unterschiedlichen zellulären Ebenen, wie dem Erbgut, dessen epigenetischer Steuerung und der tatsächlichen Protein-Produktion gemeinsam auswerten. Auch Patientendaten wie Alter und Prognose werden in das Modell eingespeist. Bislang wurden diese Daten meist einzeln ausgewertet, wodurch Verbindungen zwischen den unterschiedlichen Datensätzen nicht berücksichtigt wurden.

Präzise Untersuchung

„Das neue Modell trägt wesentlich dazu bei, zelluläre Abläufe in Krebszellen besser zu verstehen und die Tumortypen dadurch besser zu charakterisieren. Diese Mechanismen können dann gezielt auf ihr therapeutisches Potenzial hin untersucht werden“, sagt Dr. Carro. Das Modell wird außerdem helfen, Krebstypen und -subtypen wesentlich genauer zu beschreiben.

Die Forscher werteten mit dem mathematischen Modell insgesamt Datensätze von 529 Patienten aus, die im Cancer Genome Atlas gesammelt sind. Für die präzise Untersuchung des Regulators ANXA2 wurden insgesamt 49 Gewebeproben von Patienten des Universitätsklinikums Freiburg ausgewertet. „Das Modell ist statistisch bereits sehr aussagekräftig, aber natürlich erfordert es noch weitere Überprüfungen im Labor und an Gewebeproben von Patienten, bevor es die Erkenntnisse in der Klinik eingesetzt werden können“, sagt Dr. Ferrarese. 

Quelle: Universitätsklinikum Freiburg


Publikation: Teresia Kling et al.; Integrative Modeling Reveals Annexin A2-mediated Epigenetic Control of Mesenchymal Glioblastoma; Lancet, 2016; DOI: 10.1016/j.ebiom.2016.08.050

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