Mehr als 6 Millionen Menschen sind in Deutschland von Diabetes mellitus betroffen. Bis 2030 wird mit einem Anstieg auf acht Millionen Menschen gerechnet. Bei der Behandlung des Diabetes mellitus als chronische Erkrankung sind zahlreiche Berufsgruppen beteiligt: Ärzte verschiedener Disziplinen, Ernährungs- und Diabetesberater, Diabetes-Pflegefachkräfte, Psychologen, Podologen oder Wundassistenten.
Privatdozent Dr. Erhard Siegel forderte in der Pressekonferenz zum Kongress, dass ein Screening auf Diabetes mellitus bei der Krankenhausaufnahme eingeführt werden müsse, da dieser oft zu spät erkannt werde und die Sterblichkeit der Patienten erhöhe. Neueste Ergebnisse der prospektiven multizentrischen Studie „MEASURE2016“ zeigen eine Gesamtprävalenz von 40,5 Prozent für einen Diabetes mellitus bei den über 55-jährigen in Deutschland. Die Prävalenz eines neu diagnostizierten Diabetes mellitus im Krankenhaus liegt bei 13,3 Prozent.
Unwissenheit führe dazu, dass zum Beispiel Chirurgen während der Operation Insulinpumpen herausrissen, weil sie mit den Geräten nicht umgehen könnten – das sei kein Einzelfall, so Siegel. Seit 2013 gibt es in Deutschland das Zertifikat „Klinik für Diabetes Patienten geeignet", zu finden auf der Homepage der DDG.
69 neu entdeckte „Diabetes-Gene“
Prof. Dr. Martin Hrabě de Angelis, Sprecher des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD), berichtete von verschiedenen Forschungsergebnissen: 150 Gene seien bislang für die Diabetes-Genese bekannt, weitere 69 Gene neu entdeckt worden. Es sei von weiteren Neuentdeckungen auszugehen. Der „Deutsche Diabetes Risiko-Test prognostiziere das persönliche Risiko in den kommenden fünf Jahren an Diabetes zu erkranken. Ein weiterer Prädiabetes-Test beruhend auf kürzlich von DZD-Epidemiologen identifizierten Biomarkern sei gleichzeitig entwickelt worden. Er solle den für Patienten unangenehmen OGTT (Oraler Glucosetoleranztest) ersetzen.
Weiterhin teste das DZD in einer Kooperationsstudie mit Hoffmann-La-Roch erfolgreich eine Substanz zur medikamentösen Therapie der Fettleber, welche den dramatischen Folgen wie der gefährlichen Fettleberentzündung NASH (nichtalkoholische Steatohepatitis) entgegenwirken könne. Auch sei die kürzlich in zahlreichen Studien belegte zentrale Rolle des Insulins im Gehirn und eine Insulinresistenz des Gehirns belegt worden – ein vielversprechender Ansatz für die Prävention und Behandlung von Übergewicht und Diabetes mellitus Typ 2.
Zertifizierte Einrichtungen für diabetisches Fußsyndrom
Professor Dr. med. Ralf Lobmann von der Arbeitsgemeinschaft Diabetischer Fuß beklagt das Desaster der fehlenden Früherkennung von Läsionen, was in der Folge zu vielen Fußamputationen führe. Das diabetische Fußsyndrom in seiner Komplexität erfordere eine herausragende Expertise und multidisziplinäre, multiprofessionelle Teambetreuung, so Lobmann. Im Jahr 2003 wurden von der AG Fuß der DDG Qualitätskriterien zur Anerkennung von ambulanten und stationären „Fußbehandlungseinrichtungen DDG“ formuliert. Mittlerweile gebe es 289 ambulante beziehungsweise stationäre zertifizierte Einrichtungen. (www.ag-fuss-dgg.de)
„Drei Viertel aller Menschen mit Diabetes sterben an akuten Gefäßverschlüssen, vor allem Herzinfarkt, gefolgt von Schlaganfall“, sagte Professor Dr. med. Nikolaus Marx, Facharzt für Innere Medizin – Kardiologie. Zur Protektion von Komplikationen des Herz-Kreislaufsystems komme es nicht nur auf die Senkung des Blutdrucks und des LDL-Cholesterins an, sondern es gäbe auch neue Daten zu Diabetes-Medikamenten, die die Versorgungslandschaft verändern werden.
Diabetes mellitus Typ 1 ist ebenfalls auf dem Vormarsch. Die künstliche Bauspeicheldrüse zur sichereren Therapie soll 2020 verfügbar sein, Sie soll den Patienten die manuelle Insulininjektion abnehmen, berichtete außerdem Professor Dr. med. Olga Kordonouri, Chefärztin für Diabetologie, Endokrinologie und Allgemeine Pädiatrie in Hannover.
Eva-Maria Koch