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Ventile in der Zellmembran

Obwohl sie erst vor fünf Jahren entdeckt wurden, sind bereits einige Eigenschaften der Zellventile (Chloridkanäle) bekannt. © Bet_Noire / iStock / Getty Images Plus

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Chloridkanäle: Ventile in der Zellmembran

Biochemiker der Universität Zürich (UZH) haben den detaillierten Aufbau eines volumenregulierten Chloridkanals ermittelt. Dieses zelluläre Ventil wird aktiviert, um zu verhindern, dass die Zellen zerbrechen, wenn sie anschwellen. Das Protein spielt auch eine wichtige Rolle in der Aufnahme von Chemotherapeutika und der Freisetzung von Neurotransmittern bei einem Hirnschlag. Den Chloridkanal gezielt zu regulieren, ist eine vielversprechende Strategie für neue Therapien.

Die Zellen des menschlichen Körpers sind von Membranen umhüllt und stehen mit ihrer Umgebung im osmotischen Gleichgewicht. Verringert sich die Konzentration gelöster Teilchen in der Flüssigkeit, die die Zellen umgibt, beginnen diese zu schwellen. Im Extremfall kann dies dazu führen, dass die Zellen zerbrechen.

Um dies zu verhindern, aktivieren die Zellen volumenregulierte Chloridkanäle (VRACs) der LRRC8-Protein-Familie. Nimmt das Zellvolumen durch einströmendes Wasser zu, öffnen sich diese Ventile in der Zellmembran. Negativ geladene Chloridionen und ungeladene Osmolyte treten aus und die Zelle nimmt wieder ihren ursprünglichen Zustand ein. 

Obwohl sie erst vor fünf Jahren entdeckt wurden, sind bereits einige Eigenschaften dieser Zellventile bekannt: So steuern VRACs etwa die Aufnahme von Zytostatika in der Krebstherapie oder verursachen die unkontrollierte Ausschüttung von Neurotransmittern ins Gehirn als Folge eines Schlaganfalls.

Bisher unbekannt war hingegen ihre räumliche Struktur und damit die Art und Weise, wie die Kanäle selektiv nur bestimmte Substanzen durch die Membran schleusen. Forschende am Biochemischen Institut der Universität Zürich haben dieses Rätsel nun gelöst. Das Team unter der Leitung von UZH-Professor Raimund Dutzler präsentiert erstmals die detaillierte molekulare Struktur eines VRACs, die mithilfe von Kryo-Elektronenmikroskopie und Kristallstrukturanalyse bestimmt wurde.

Aktivierung des Kanals

Struktur eines volumenregulierten Chloridkanals © Raimund Dutzler / UZHStruktur eines volumenregulierten Chloridkanals. Der aus sechs Untereinheiten bestehende Kanal ist in der Mitte als Schleifenmodell gezeigt. Die Position der Membran ist durch Linien angedeutet. Der Selektivitätsfilter ist rechts detailliert dargestellt. Die Positionen positiv geladener Aminosäure-Regionen sind mit (+) gekennzeichnet. © Raimund Dutzler / UZH

Zudem analysierten sie die Funktionsweise des Ionenkanals mit elektrophysiologischen Methoden. Das VRAC-Eiweiß besteht aus sechs Untereinheiten. Angeordnet um eine gemeinsame Achse bilden diese den Kanal. Das Protein, das in der Zellmembran sitzt, enthält eine kleine Region, die nach außen ragt, und einen großen Bereich, die sich im Zellinnern befindet.

Dieser innere Teil dürfte eine wichtige Rolle bei der Aktivierung des Kanals spielen. An der Außenseite der Membran begrenzt eine Verengung die Porengröße des Ionenkanals und fungiert als eine Art Filter. „In dieser Region besteht das Protein aus positiv geladenen Aminosäuren, die negativ geladene Chloridionen anziehen und durchschleusen. Grosse Teilchen jedoch werden daran gehindert, die Zellhülle zu durchqueren", sagt Raimund Dutzler.

Mit ihrer Arbeit schaffen die UZH-Forschenden die Grundlage, die molekularen Mechanismen, mit denen Zellen ihr Volumen regulieren, besser zu verstehen. „Dieses Wissen liefert wertvolle Ansätze, um neue Medikamente zu entwickeln", betont Dutzler. Beispielsweise schwellen Astrozyten im Gehirn bei cerebraler Ischämie oder einem Schlaganfall an, wodurch der Neurotransmitter Glutamat ausgeschüttet wird, mit schädlichen Folgen für die Betroffenen.

Entsprechend dürften Substanzen, die den Ionenkanal gezielt blockieren, zu neuen Behandlungsmöglichkeiten führen. Eine andere Anwendung zeichnet sich in der Krebstherapie ab: Lässt sich das Zellventil selektiv aktivieren, würde das die Aufnahme von Zytostatika in die Krebszellen verbessern.

Quelle: Universität Zürich


Publikation: Raimund Dutzler et al.; Structure of a volume-regulated anion channel of the LRRC8 family; Nature, 2018; DOI: 10.1038/s41586-018-0134-y

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