Branche
on
Wie sich Krebszellen äußeren Umständen anpassen

Zellen greifen Darmtumor an. © Mohammed Haneefa Nizamudeen / iStock / Getty Images Plus

| | | | |

Defektes Protein: Wie sich Krebszellen äußeren Umständen anpassen

Darmkrebszellen mit einem Defekt in p53, einem der wichtigsten Kontrollproteine des Zellwachstums, kurbeln einen bestimmten Stoffwechselweg an, um sich so an den Sauer- und Nährstoffmangel im Tumorinneren anzupassen. Statine (Cholesterinsenker) blockieren diesen Stoffwechselweg und treiben die Krebszellen in den Tod, wie Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum jetzt entdeckten.

Hat ein Tumor eine bestimmte Größe erreicht, so stehen die Krebszellen vor einer besonderen Herausforderung: Den ungeordnet wachsenden Tumoren fehlen Blutgefäße. Das führt zu Sauerstoffmangel im Inneren des Tumors und auch zu Engpässen in der Nährstoffversorgung.

„Um sich an diese Mangelsituation anzupassen, müssen Krebszellen ihren gesamten Stoffwechsel grundlegend umstellen", erklärt Almut Schulze, Stoffwechselexpertin im Deutschen Krebsforschungszentrum. Die Wissenschaftlerin ging nun mit ihrer aktuellen Arbeit Hinweisen nach, dass ein wichtiges Steuerprotein, der Tumorsuppressor p53, bei der Anpassung an die Mangelbedingungen eine entscheidende Rolle spielt.

Um herauszufinden, wie sich p53 tatsächlich auf die Stoffwechselanpassung auswirkt, untersuchte Schulze mit ihrem Team Darmkrebszellen, denen p53 fehlte. Um in der Kulturschale die Mangelsituation im Inneren einer Krebsgeschwulst zu simulieren, ließen die Forscher die Krebszellen zu kleinen Gewebekügelchen (Spheroide) heranwachsen.

Darmkrebszellen mit intaktem p53 passten sich an die Mangelbedingungen im Inneren der Spheroide an, indem sie ihr Wachstum drosselten. Die Tumorzellen mit p53-Defekt dagegen wuchsen unbeirrt weiter. Dabei kurbelten sie einen Stoffwechselweg an, der die Versorgung mit dem wichtigen Zellmembranbestandteil Cholesterin ermöglicht, den so genannten Mevalonat-Weg.

Tumorzellen zur Apoptose bewegen

Der Mevalonat-Stoffwechselweg lässt sich mit Statinen, gängigen Cholesterin-Senkern, hemmen. Und tatsächlich: Statinbehandlung löste unter den Mangelbedingungen im Inneren der p53-defizienten Mini-Tumoren den programmierten Zelltod, Apoptose, aus. Dagegen reagierten Mini-Tumoren mit intaktem p53 nicht auf die Medikamente.

Das Team um Schulze fand noch eine weitere Anpassung der p53-defekten Darmkrebszellen an die Mangelbedingungen: Der aktivierte Mevalonat-Stoffwechselweg kurbelte außerdem die Bildung von Ubichinon an, einem wichtigen Elektronen-Transporter in der Atmungskette. Krebszellen sind unter Mangelbedingungen vermehrt auf diese auch unter dem Namen Coenzym Q10 bekannte Substanz angewiesen, unter anderem für die Synthese neuer DNA-Bestandteile.

„Krebszellen mit defektem p53 nutzen den Mevalonat-Weg, um die Zellatmung zu fördern und um sich mit wichtigen Zellbausteinen zu versorgen, die ihr Überleben sichern. Aus Sicht der Krebsmedizin ist daran besonders interessant, dass sich dieser Stoffwechselweg gut mit Statinen hemmen lässt, so konnten wir mit einem gängigen Medikament Tumorzellen in die Apoptose treiben", erklärt Almut Schulze.

Sie ergänzt: „Allerdings gilt dies nur unter den speziellen Mangelbedingungen, wie sie im Inneren eines Tumors herrschen. Das bedeutet, dass Statine mit Wirkstoffen kombiniert werden sollten, die diesen metabolischen Stress fördern, etwa mit Substanzen, die die Gefäßneubildung hemmen." Die Wissenschaftlerin will diese neue Behandlungsstrategie nun so bald wie möglich an Tumorzellen und in Tierexperimenten erproben.

Quelle: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)


Publikation: Almut Schulze et al.; Mevalonate pathway provides ubiquinone to 1 maintain pyrimidine synthesis and survival in p53-deficient cancer cells exposed to metabolic stress; Cancer Research, 2019; DOI: 10.1158/0008-5472.CAN-19-0650

Newsletter abonnieren

Newsletter Icon MTA Blau 250x250px

Erhalten Sie die wichtigsten MT-News und Top-Jobs bequem und kostenlos per E-Mail.

Mehr zum Thema

Darmkrebs
Bakterien

Das könnte Sie auch interessieren

MRT-Aufnahme für Erkennung neurologischer Erkrankungen
Ribonukleinsäure und Proteine
T-Zellen und Krebszellen