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Albtraum Schwangerer breitet sich immer schneller aus

Angst vor dem Virus: In Brasilien sollen 400.000 Schwangere kostenloses Mückenschutzmittel erhalten. © benhammad / iStock / Thinkstock

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Zika-Virus: Albtraum Schwangerer breitet sich immer schneller aus

Das Virus, das Babys im Mutterleib missbilden soll, verbreitet zunehmend Angst in warmen Gegenden. Nach Zika-Fällen in Afrika, Asien und dem Pazifik-Raum grassiert das Virus derzeit in Südamerika. Reisewarnungen für Schwangere, Kampagnen zur Mückenbekämpfung sowie Forderungen nach einer Impfstoffentwicklung haben für die Gesundheitsbehörden in Nord- und vor allem Südamerika inzwischen höchste Priorität.

Brasilien ist besonders betroffen und Kolumbien rechnet dieses Jahr mit mehreren hunderttausend Infektionen. Florida meldete letzte Woche die ersten drei Fälle: Alle Betroffenen hatten sich offenbar bei Reisen in Südamerika angesteckt. Insgesamt wurden aus 21 mittel- und südamerikanischen Ländern Erkrankungen gemeldet. Da die Asiatische Tigermücke inzwischen auch in Südeuropa heimisch ist, sind Zika-Fälle hierzulande und in anderen europäischen Staaten ebenfalls nicht auszuschließen.

Was ist das Zika-Virus?

Die Gelbfiebermücke überträgt das Virus auf den Menschen. © teptong / iStock / Thinkstock

Das Zika-Virus wurde 1947 erstmals bei einem gefangen gehaltenen Rhesusaffen einer Forschungsstation im Zika Forrest in Uganda entdeckt und erhielt daher seinen Namen. Benannt wurde es nach einem südlich der ugandischen Hauptstadt Kampala gelegenen Wald. Das Zika-Virus gehört ebenso wie die Viren des Gelbfiebers und des Dengue-Fiebers zur Familie der Flaviviridae.

Der erste Fall beim Menschen wurde laut World Health Organization (WHO) 1952 bekannt. Übertragen wird das Virus durch infizierte Stechmücken, darunter die Gelbfiebermücke (Aedes aegypti) und die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus). Bis 2007 waren weniger als 15 Infektionen beim Menschen bekannt, die alle in Afrika oder Südostasien nachgewiesen wurden.

Der erste Ausbruch außerhalb Afrikas hat dazu geführt, dass das Zika-Virus als sogenanntes emerging pathogen eingestuft wird, das heißt als Krankheitserreger, der sich möglicherweise noch weiter über die ganze Welt ausbreiten wird.

Welche Symptome treten auf?

In bis zu 80 Prozent der Fälle bleibt die Infektion unbemerkt. In den übrigen Fällen ähneln die Symptome denen eines grippalen Infektes. Die Infizierten leiden unter Fieber, Erbrechen, Cephalgie, Gelenkschmerzen und allgemeiner Myasthenie; auch ein Exanthem kann auftreten. Ebenso möglich ist eine Konjunktivitis und Augenschmerzen sowie Ödeme an Händen oder Füßen. Die Symptome klingen bereits nach wenigen Tagen, spätestens nach einer Woche, ab.

Welche Komplikationen gibt es?

Vor allem Schwangere in Südamerika sind derzeit besonders gefährdet: Das Zika-Virus löst möglicherweise Mikrozephalie aus. © Maya Kovacheva Photography / iStock / Thinkstock

Bislang wurde bei ansonsten gesunden Erwachsenen noch kein Todesfall in Zusammenhang mit dem Zika-Virus gemeldet. Allerdings sind Fälle mit schweren neurologischen Folgeschäden wie etwa dem Guillain-Barré-Syndrom, einer entzündlichen Nervenkrankheit, bekannt. Für Schwangere ist das Virus offenbar besonders gefährlich: Es steht im Verdacht, sich auf das ungeborene Kind übertragen zu können und so möglicherweise zu Mikrozephalie zu führen.

Die eigentlich sehr seltene Fehlbildung bewirkt, dass sich das Gehirn des Embryos im Mutterleib nicht richtig entwickelt. Die betroffenen Kinder kommen mit einem abnorm kleinen Kopf zur Welt. Je nach Ausmaß haben die Kinder weitere Fehbildungen, geistige Behinderungen oder neurologische Störungen. Auch wenn der endgültige Beleg bislang fehlt, wachsen durch die steigenden Krankheitszahlen die Hinweise darauf, dass Zika Mikrozephalie verursacht.

Drei Befunde sprechen für einen Zusammenhang zwischen Zika-Infektion und der Mikrozephalie:

  1. Das erste Indiz ist das Zusammentreffen beider Ereignisse: Dort, wo die meisten Infektionen auftreten, werden auch die meisten Fehlbildungen registriert.
  2. Bei zwei Schwangeren, deren Föten einen zu kleinen Schädel haben, wurden im Fruchtwasser Ribonukleinsäuren des Zika-Virus nachgewiesen.
  3. Ein Kind mit Mikrozephalie, das wenige Minuten nach der Geburt starb, hatte Zika-Ribonukleinsäuren im Blut und im Gewebe.

Laut des Nachrichtensenders „BBC “ sollen inzwischen 50 weitere Fälle bekannt worden sein.

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Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Es gibt bislang weder einen Impfstoff noch ein gezieltes Medikament zur Behandlung Erkrankter. Lediglich eine Linderung der Beschwerden durch Analgetika ist möglich. Um sich in den betroffenen Regionen gegen Mückenstiche zu schützen, helfen lange Hosen und Hemden, Insektenmittel und Moskitonetze. Infizierte sollten unbedingt weitere Mückenstiche vermeiden, um den Verbreitungskreislauf zu durchbrechen.

Für viele Gesundheitsbehörden sind die oben genannten Indizien Grund genug, Schwangere vor Reisen in die Epidemie-Gebiete gänzlich abzuraten oder ihnen – falls sich der Aufenthalt nicht vermeiden lässt – einen rigorosen Mückenschutz nahezulegen. Noch handelt es sich bei diesen Hinweisen um Vorsichtsmaßnahmen. Brasilien hat aufgrund der drastischen Zunahme der Fehlbildungen bereits den Gesundheitsnotstand ausgerufen. Während 2014 nur 150 Kinder mit einer Mikrozephalie geboren wurden, waren es 2015 bereits knapp 4000.

In der am stärksten betroffenen Region im Nordosten Brasiliens sollen sogar ein Prozent der Neugeborenen von einer Mikrozephalie betroffen sein. Jamaikas Gesundheitsminister Horace Dalley rät Frauen sogar dazu, ihre Schwangerschaftspläne bis 2018 aufzuschieben, berichtet die New York Times . Auf Jamaika wurde zwar noch keine Infektion mit dem Erreger diagnostiziert. Es sei allerdings nur eine Frage der Zeit, bis der Dengue-ähnliche Erreger auch Jamaika erreiche, so der Minister. Vor wenigen Tagen wurde das Virus zum ersten Mal im nahe gelegenen Haiti nachgewiesen.

Brennpunkt Olympische Spiele in Rio de Janeiro

Umfassende Maßnahmen gegen das Virus angestoßen: Die Metropole Rio de Janeiro ist Austragungsort der Olympischen Sommerspiele 2016. © Fuse / Thinkstock

Anlässlich der zwischen dem 5. und 21. August 2016 in Rio de Janeiro stattfindenden Olympischen Sommerspiele haben die Behörden Pläne angekündigt, um die weitere Ausbreitung des Virus zu verhindern. Um die Mückenbrutstätten loszuwerden, werden Inspektionen der olympischen Einrichtungen schon vier Monate vor Beginn der Spiele beginnen.

Tägliche Kontrollen sollen auch während des Mega-Events durchgeführt werden. An 56.000 Hotels, Bars und Restaurants im ganzen Land sei ein Maßnahmenkatalog verschickt worden, um die Moskitos besser zu bekämpfen. Zudem würden in Rio während der Spiele Vorsorge- und Diagnosemaßnahmen verstärkt. Wie der Gesundheitsminister Marcel Castro gestern Abend nach Angaben der Nachrichtenagentur Agencia Brasil mitteilte, sollen ab 13. Februar bis zu 220.000 Soldaten in besonders betroffenen Gebieten von Haus zu Haus gehen und bei der Bekämpfung der Mücken helfen.

„Seit 30 Jahren gibt es diese Moskitos im Land und wir haben es nicht geschafft, sie zu eliminieren", sagte Castro. Als weitere Maßnahme sollen rund 400.000 Schwangere aus ärmeren Schichten, die Sozialleistungen bekommen, kostenloses Mückenschutzmittel erhalten. Die Ausgaben würden 2016 von 580 Millionen auf 1,87 Milliarden Real, also umgerechnet 422 Millionen Euro erhöht, teilte das Gesundheitsministerium in Rio de Janeiro mit. Allein über 550 Tonnen Anti-Moskitomittel und Pestizide sollen eingesetzt werden.

Von Vorteil könnte sein, dass die Spiele im relativ kühlen und trockenen Monat August stattfinden, im brasilianischen Winter. In diesem Zeitraum gibt es deutlich weniger Fälle von den durch die Moskitos übertragenen Krankheiten, die Gefahr für Athleten und Besucher hinsichtlich einer Infektion wird als geringer eingestuft.

Laura Isabel Koch


Quellen:

1. http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/zika-virus-jamaika-raet-frauen-schwangerschaft-zu-verschieben / http://www.spiegel.de

2. http://www.augsburger-allgemeine.de/wissenschaft/Achtung-Zika-Virus-Schwangere

3. http://www.augsburger-allgemeine.de/panorama/Zika-Virus-ist-Gefahr-fuer-Schwangere

4. https://de.wikipedia.org/wiki/Zika-Virus

5. http://latina-press.com/news/214301-brasilien-olympische-spiele-und-das-Zika-Virus/

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