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Blasen in Eisschicht auf Wasser.

In den letzten Jahren wurden immer wieder Zusammenhänge zwischen Krankheitsausbrüchen und Bakterien aus dem Eis aufgedeckt. © Aleksandra Sokolachko / iStock / Getty Images Plus

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Klimawandel: Leben aus dem Eis – Teil 1

Mehrere tausend Jahre waren Fadenwürmer im sibirischen Permafrost eingefroren und haben überlebt. Nach dem Auftauen zeigten sie sich sehr lebendig. Doch nicht nur Fadenwürmer sind im Permafrost eingefroren, sondern auch Viren und Bakterien. Und mit dem Klimawandel bedingten Schmelzen des Eises tauchen diese wieder auf.

Durch den Klimawandel und das Aufheizen der Atmosphäre schmelzen die Polkappen und der Permafrost in den Hochebenen der Erde. Vor allem am Nordpol findet die Erwärmung viel schneller statt als in der restlichen Welt. Während sich der Planet laut dem Weltklimabericht 2023 insgesamt um 1,1 Grad Celsius erhitzt hat, hat sich die nördliche Polkappe bereits um 3,1 Grad erhitzt.

Gerade aktuell berichten die Nachrichten über Fadenwürmer, welche 46 000 Jahre im Eis eingefroren waren und jetzt wieder sehr aktiv sind. Dies fand ein Forschungsteam am Max-Planck-Institut in Dresden heraus. Durch bestimmte Mechanismen gelang es den Fadenwürmern, über geologische Zeiträume hinweg im sibirischen Boden zu überleben.

Gefährliche Bakterien gelangen an die Oberfläche

Doch dieses Thema ist nicht neu. Seit Jahren warnen Forschende davor, dass der Klimawandel das Eis zum Schmelzen bringt und dadurch gefährliche Mikroben freisetzen könnte. Viele Krankheiten gab es über die Jahrhunderte hinweg, wie die Spanische Grippe, die Pest oder die Pocken, von denen man dachte, sie seien ausgestorben. Nun steht die Frage im Raum, ob sie wieder an die Oberfläche gelangen, wenn das Eis schmilzt.

Forschende fanden in den letzten Jahren immer wieder Zusammenhänge zwischen Krankheitsausbrüchen und Bakterien aus dem Eis. Im Jahr 2016 starb ein zwölfjähriger Junge im Nordosten Sibiriens an Milzbrand. Bacillus anthracis oder auch Anthrax, der Milzbrand-Erreger galt als ausgestorben und dennoch kam es zu einem plötzlichen Ausbruch.

In dem Jahr gab es eine ungewöhnliche Hitzewelle und die oberen Permafrostschichten schmolzen. Dadurch wurde ein eingefrorener, infizierter Rentier-Kadaver freigelegt. Das gefährliche Bakterium gelangte aus dem aufgefrorenen Kadaver in die Umwelt und von dort in die Nahrungskette. Erst infizierten sich nachweislich über 2000 Rentiere, dann häuften sich die Erkrankungen bei den Menschen. Vorsorglich werden diese heute durch Impfungen geschützt.

Keine Einzelfälle

Diese Erkrankungen mit dem Anthrax-Erreger oder auch die lebendigen Fadenwürmer aus dem Eis sind keine Einzelfälle mehr. Die Forscher untersuchen dieses Thema sehr intensiv. Immer wieder werden Beziehungen zwischen gehäuften Krankheitsausbrüchen und der Schmelze von Permafrost hergestellt.

Gegen Bakterien und Viren, die über Jahrhunderte im Eis tiefgefroren waren, haben Menschen und Tiere eventuell keine Immunität mehr, die Organismen wären etwas Neuem ausgesetzt. Sie stellen eine unbekannte Infektionsgefahr im Ökosystem dar. Man kann nicht vorhersagen, wie sich die aufgefrorenen Mikroben verhalten werden und wie unser Immunsystem darauf reagiert.

Dies wird ein Thema der Gegenwart sein, denn seit Jahren reiht sich ein Hitzerekord an den anderen und besonders in der Antarktis, der Arktis und in den Regionen mit Permafrost kommt es zu Rekordwerten, sodass die Eisschichten Stück für Stück auftauen. Viele Geheimnisse werden dadurch an die Oberfläche kommen, längst Verschollenes auftauchen und eventuell auch weitere Mikroben oder Kleinstlebewesen wieder an die Oberfläche kommen, die als längst ausgestorben galten.

Am 01.09.2023 erscheint Teil 2 des Artikels.

Heike Lachnit


Quellen:

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