„Alkoholkonsum ist tief in der westlichen Kultur verankert und interessanterweise besteht eine individuell sehr unterschiedliche Veranlagung für die verschiedenen alkoholbedingten Organschäden“, sagt Professor Dr. med. Jochen Hampe, Leiter des Bereichs Gastroenterologie und Hepatologie am Uniklinikum Dresden und einer der federführenden Autoren der Studie.
Doch allzu oft hat der Alkoholgenuss schwerwiegende Folgen: Schätzungen zufolge leiden bis zu einer Million Menschen in Deutschland an einer alkoholischen Leberzirrhose, einer unheilbaren Erkrankung, bei der das Gewebe der Leber immer mehr vernarbt und das Organ seine Funktionen nach und nach einbüßt. Letztlich kann nur eine Transplantation das Leben der Patienten retten.
Studie mit über 4000 Alkoholkranken
Durch eine Untersuchung des gesamten menschlichen Erbguts haben Forscher des Uniklinikums Dresden und dutzender kooperierender Einrichtungen in Deutschland, der Schweiz, Österreich, Belgien und England nun herausgefunden, dass Varianten dreier Gene im Erbgut die Gefahr einer Leberzirrhose steigern.
Hierzu hatten die Wissenschaftler mit Hilfe von Blutproben die DNA von über 4000 Alkoholkranken mit und ohne Leberzirrhose untersucht. „Eines der Risikogene war bereits bekannt“, erklärt Hampe. Sowohl für dieses als auch für die beiden neu gefundenen Gene konnten die Forscher einen eindeutigen statistischen Zusammenhang mit dem Zirrhose-Risiko belegen.
„Menschen mit bestimmten Genvarianten haben ein fünf- bis zehnfach erhöhtes Risiko, eine Leberzirrhose zu entwickeln“, sagt Hampe. Die Ergebnisse der Studie eröffnen den Medizinern nun die Möglichkeit, besonders gefährdete Menschen früh zu identifizieren. Außerdem helfen sie den Wissenschaftlern, den Entstehungsprozess einer Leberzirrhose besser zu verstehen.
„Alle drei Gene spielen eine Rolle im Fettstoffwechsel“, erklärt (DGVS) Experte PD Dr. med. Felix Stickel von der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie des Universitätsspitals Zürich in der Schweiz. Neben ihrer Funktion als Energiespeicher dienen Fettmoleküle, auch Lipide genannt, dem Körper als Signale und Regulatoren für bestimmte Stoffwechselprozesse.
„Wenn wir den Krankheitsverlauf auf molekularer Ebene verstehen, können wir womöglich Therapien entwickeln, mit denen sich der Krankheitsprozess aufhalten lässt“, hofft der Experte.
Quelle: idw – Informationsdienst Wissenschaft
Weitere Informationen
Publikation: Hampe, Jochen et al.; A genome-wide association study confirms PNPLA3 and identifies TM6SF2 and MBOAT7 as risk loci for alcohol-related cirrhosis; Nature Genetics; Online-Vorabpublikation vom 19.10.2015; DOI:10.1038/ng.3417
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V.