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Abbildung von Bakterien und Viren im Mundraum und auf der Zunge.

Die verschiedenen Bakterien im Mund verteilen sich wie ein Mosaik auf der Zunge. © Mohammed Haneefa Nizamudeen / iStock / Getty Images Plus

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Bakterien-Mosaik: Das faszinierende Mikrobiom der Zunge

Die Zunge ist ein hochinteressanter Muskel, der für die Artikulation und das Essen wichtig ist. Außerdem beherbergt der Muskel auch ein einzigartiges Mikrobiom, bestehend aus über 700 Bakterienarten.

Die Zunge ist das Spiegelbild unseres Befindens und übernimmt wichtige Funktionen in unserem Körper. Sie besitzt ein einzigartiges Mikrobiom, welches wie die Bakterien im Darm oder auf der Haut, verschiedene Aufgaben erfüllt. Eine Funktion des Mikrobioms ist der Schutz vor bösartigen Keimen.

Kurzer Überblick zur Zunge

Bei der Zunge handelt es sich um einen beweglichen, gut durchbluteten Muskel, der viele Nerven enthält. Auf dem Muskel liegen Bindegewebszellen, die abschließend von einer Schleimhaut umschlossen werden. Die Zungenwurzel ist im Mundboden verankert. Auf dem Zungenrücken befinden sich die Sinneszellen. Die Zunge hat keine glatte Oberfläche, sondern besteht aus Wärzchen und Papillen, so dass sich zahlreiche Erhebungen ergeben.

Bereits dieser kleine Überblick zeigt, wie vielgestaltig unsere Zunge ist. Auch Ärzte betrachten oftmals als erstes die Zunge, um Rückschlüsse auf das Wohlbefinden zu geben. So bildet das Mikrobiom zusammen mit Nahrungsresten einen Zungenbelag, der je nach Ausprägung unterschiedliche Aussagen zulässt. Ein Forschungsteam wies nach, dass sich die Bakterien nicht willkürlich im Mund und auf der Zunge verteilen, sondern in Kolonien verschiedene Beziehungen miteinander eingehen.

Beziehungen in der Bakterien-WG

Zu der Forschungsgruppe gehört Jessica Mark Welch vom Marine Biological Laboratory der Universität Chicago. Sie untersucht die räumliche Struktur und das Zusammenwirken mikrobieller Gemeinschaften, wie sie auch auf der Zunge vorkommen.

Mit einem neuen fluoreszierenden Bildgebungsverfahren können die Forschenden komplexe Beziehungen im Mikrometerbereich darstellen. „Mit der Methode analysieren wir die räumliche Struktur von Bakterien im menschlichen Mund, mit dem Ziel, die normale Struktur und Funktion dieser Gemeinschaften im Gesundheitszustand und ihre Störungen im Krankheitsfall zu verstehen“, so Jessica Mark Welch.

Die Forscher:innen konnten anhand der Zungenprobe von 21 gesunden Probanden und Probandinnen nachweisen, wie die Organismen räumlich auf der Zunge und in Beziehung zum Menschen organisiert sind. Die Verteilung auf der Zunge erlaubt Aussagen dazu, welche Temperatur, Feuchtigkeit oder auch welcher Speichelfluss von den Bakterien bevorzugt wird.

Des Weiteren können die Forschenden zeigen, wie sich die Mundhygiene auf die Besiedlung der Zunge auswirkt. Es lassen sich Aussagen dazu treffen, in welchen Beziehungen die Mikroben zueinanderstehen, wie sie sich gegenseitig beeinflussen, Stoffwechselprodukte miteinander teilen oder durch hemmende Substanzen andere Keime bekämpfen.

Indem die Bakterien auf der Zunge einen bestimmten Raum einnehmen, halten sie andere Bakterien von diesem Standort fern, so die Forscher:innen. 17 verschiedene Bakteriengattungen konnte die Forschungsgruppe identifizieren, die zum Teil in mehrschichtigen Biofilmen, sogenannten Konsortien, organisiert waren.

Mosaik auf der Zunge

Wie ein Mosaik verteilen sich die verschiedenen Bakterien auf der Zunge. Bakterienkonsortien der Gattung Actinomyces fanden sich meist im Zentrum der Zunge. An den Außenbereichen fanden sich Konsortien der Gattung Rothia. Streptokokken fanden sich als dünne Kruste am äußeren Bereich des Konsortiums, konnten aber auch venen- oder fleckenartig über der gesamten Zunge verteilt sein.

Diese Ergebnisse sind einmalig, denn einen so genauen Blick auf den Biofilm im Mund hat vorher noch nie jemand geworfen. Mit dem Wissen über die mikrobiellen Beziehungen auf einer gesunden Zunge sind die Forschenden in der Lage, in weiteren Untersuchungen zu zeigen, wie sich Erkrankungen und äußere Einflüsse wie etwa Nahrung oder Luft, auf diese Strukturen auswirken und diese eventuell verändern.

Heike Lachnit


Quellen:

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