Eine Ansteckung ist durch direkten Kontakt mit Tieren, durch Überträger wie Zecken oder Mücken oder durch kontaminierte Lebensmittel möglich. Bekannte Beispiele für Zoonosen sind Borreliose, Malaria, Toxoplasmose, aber auch die Vogelgrippe, Schweinegrippe, Tollwut und Salmonellose.(1)
Nicht nur die Übertragungswege, sondern auch die Erreger sind sehr unterschiedlich. Zoonosen können sowohl von Viren als auch von Bakterien, Pilzen, Parasiten oder Prionen verursacht werden. Die Ansteckungswege sind sehr variabel. So kann die Übertragung unter anderem über Lebensmittel, durch Einatmen von Tröpfchen und Aerosolen sowie über Stiche, Bisse oder andere enge Kontakte zu Tieren stattfinden.
Auch Menschen können Infektionskrankheiten auf Tiere übertragen. Der Begriff Zoonose ist heute nicht mehr als Tierkrankheit definiert. Es wird keine Unterscheidung hinsichtlich der Übertragung gemacht. Zoonosen können also vom Menschen auf ein Tier (Anthropozoonose) oder vom Tier auf den Menschen (Zooanthroponose) übertragen werden.
Zoonose durch Viren
Auch wenn Viren keinen eigenen Stoffwechsel haben, also kein Lebewesen im eigentlichen Sinn sind, benötigen sie, um sich vermehren zu können, eine geeignete Wirtszelle. Bekannte Virus-Infektionen, die von Tieren ausgehen, sind unter anderem die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) durch Zecken oder die Hepatitis E, die auch in Europa durch unzureichend gegartes Fleisch von Schwein und Wildschwein übertragen werden kann.
Zoonose durch Bakterien
Zu den bakteriellen Zoonosen zählen unter anderem Borreliose oder Brucellose. Aber auch Salmonellen-Infektionen gehen vor allem von Tieren aus. Hier sind es oft landwirtschaftliche Nutztiere wie Schweine, Geflügel und deren Eier und daraus hergestellte Speisen. Auch ein infizierter Mensch bietet einen optimalen Lebensraum für Salmonellen, und das oft wochenlang. Bei schlechter Hygiene reicht dann schon das Berühren von Gegenständen durch infizierte Menschen aus, um die Erreger weiterzugeben.
Kontaminierte Küchen-Oberflächen sind häufig das Problem. Salmonellen gegen zum Beispiel auf nicht abgekochte Speisen wie Salat, Kräuter, Schokolade oder Gewürze über. Ob Menschen schwer erkranken, hängt wie so oft von der Dosis und vom Allgemeinzustand ab. Die Infektionsdosis bei der Salmonellose liegt für den erwachsenen Menschen bei etwa 104 bis106 Keimen laut RKI.(2) Aber gerade bei Abwehrgeschwächten wie Säuglingen, Kleinkindern oder Senioren sind Erkrankungen bereits bei viel niedrigeren Bakterienzahlen möglich.
Erkrankungen durch Parasiten
Ein Parasit ist ein Organismus, der einen Wirt für die Nahrungsversorgung und gegebenenfalls längerfristig als Lebensraum nutzt. Zoonotische Parasiten sind beispielsweise Würmer und Fliegen. Leishmaniose (oft durch blutsaugende Sandfliegen verursacht) zählt zu den Reisekrankheiten, die aus dem Ausland importiert werden. Hierzulande besteht das größte Risiko durch an Leishmaniose erkrankte Tierschutzhunden aus dem Ausland. Aber das Risiko angesichts der geringen Erkrankungszahlen bei Menschen hier in Deutschland gilt als sehr gering.(3)
Bei der Toxoplasmose kommt besondere Bedeutung den Katzen als Wirtstieren zu. Sie scheiden nach Infektion sogenannte Oozysten aus. Risikogruppen mit potenziell schwerem Krankheitsverlauf sind immunsupprimierte Personen. Besonders Schwangere sind gefährdet. Sie können die Erkrankung auf das ungeborene Baby übertragen, es kann zu schweren Missbildungen kommen.(4)
Auch Pilze, die von Tieren übertragen werden, zum Beispiel aus Vogelkot, können zu Zoonosen führen. Zudem gibt es Prionen, die in einer gesundheitsschädigenden Form vorliegen können. Die anzeigenpflichtige BSE (Bovine spongiforme Enzephalopathie), die beim Menschen die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit auslösen kann, gehört beispielsweise zu dieser Gruppe. Der Mensch infiziert sich durch die Aufnahme kontaminierter Nahrung. Der Weg zum Tier führt über die Verfütterung von eiweißhaltigem, kontaminiertem Tiermehl. Seit längerer Zeit gibt es deshalb hier ein Verfütterungsverbot von Tierfutter, das verarbeitetes tierisches Eiweiß enthält.
Das Corona-Virus – Auch eine Zoonose?
Nach wie vor im besonderen Fokus der Zoonosen-Forschung stehen die Coronaviren. Denn mit hoher Wahrscheinlichkeit stammt auch SARS-CoV-2 aus dem Tierreich, der Ende 2019 erstmals aufgetretene Auslöser der weitweiten COVID-19-Pandemie. Vermutet wird, dass das Covid-Virus von Fledermäusen über ein anderes Tier auf den Menschen übergesprungen ist.
Der One-Health-Ansatz
„One Health“ besagt, dass die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt eng miteinander verknüpft ist. Beim „One-Health“-Ansatz arbeiten daher verschiedene Disziplinen wie Humanmedizin, Veterinärmedizin und Umweltwissenschaften fächerübergreifend zusammen, um beispielsweise der Übertragung von Krankheitserregern entgegenzuwirken.(5)
Die Ausbreitung zoonotischer Erreger wird aktuell durch zahlreiche Faktoren verstärkt: Die Zunahme des internationalen Warenverkehrs, des weltweiten Tourismus, aber auch die Einengung der Lebensräume von Tieren in Städten und der häufigere engere Kontakt zwischen Menschen und Wildtieren zählen dazu. Eingriffe in das Ökosystem, intensive Tierhaltung in der Landwirtschaft und Klimaveränderungen können ebenso zur Ausbreitung von Zoonosen beitragen.(6)
Dank eines ganzheitlichen Ansatzes gilt die Tollwut in Deutschland seit Jahren als praktisch ausgerottet, seitdem die Füchse immunisiert wurden. Im Ausland ist das aber noch nicht überall der Fall, so dass Reisende Kontakte zu Haustieren und wilden Tieren meiden sollten. Menschen müssen ihr Verhalten ändern, nicht die Tiere Es seien die Menschen, die das Problem schaffen, nicht die Tiere, sagt Veterinärmediziner Fabian Leendertz vom Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung und Gründungsdirektor des in Greifswald ansässigen Instituts für One Health.
Erst kürzlich verlieh die Akademie der Wissenschaften in Hamburg Professor Leendertz den Hamburger Wissenschaftspreis 2023 für seine grundlegenden Arbeiten auf dem Gebiet zoonotischer Infektionskrankheiten unter Anwendung des One-Health-Konzepts. Die nächste Pandemie könne genauso gut in Europa beginnen, meint der Forscher. Denn wenn in Deutschland die Temperaturen steigen, können sich hier auch Erreger aus tropischen Gebieten wie beispielsweise das West-Nil-Fieber ansiedeln.
Beatrix Polgar-Stüwe
Quellen:
- Was sind Zoonosen?; Nationale Forschungsplattform für Zoonosen
- RKI-Ratgeber Salmonellose; Robert-Koch-Institut (RKI)
- Antworten auf häufig gestellte Fragen zu Leishmaniose; Robert-Koch-Institut (RKI)
- Zoonose des Monats – Oktober 2020: Erregersteckbrief Toxoplasma gondii; Nationale Forschungsplattform für Zoonosen
- One Health; Robert-Koch-Institut (RKI)
- Wilking, H., Beermann, S., Boone, I. et al.; Bakterielle Zoonosen mit Bedeutung für den öffentlichen Gesundheitsschutz in Deutschland – Vorkommen, Verbreitung und Übertragungswege; Bundesgesundheitsbl 66, 2023; doi: 10.1007/s00103-023-03703-6