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Gefrorene Laborproben.

Eine französische Forschungsgruppe fand 30 000 Jahre alte, unbekannte Riesen-Viren im Eis und erweckte diese zum Leben. © TopMicrobialStock / iStock / Getty Images Plus

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Urzeiterreger: Leben aus dem Eis – Teil 2

Die Welt wird immer wärmer und damit einhergehend schmelzen riesige Eisflächen. In diesen riesigen Kühlschränken sind Lebewesen längst vergangener Zeiten konserviert. Doch wie gefährlich ist es, wenn Bakterien und Viren wieder auftauen?

Die globale Erderwärmung sorgt für eine andauernde Eisschmelze, tiefgefrorene Organismen tauen wieder auf. Die Forscher möchten nicht darauf warten, welche Mikroben eventuell durch die Eisschmelze auftauchen und untersuchen daher Eisbohrkerne auf das Vorhandensein von Mikroben. Dadurch konnten sie in den vergangenen Jahren interessante Ergebnisse sammeln. Zum einen entdeckten sie Bakterien und Viren, die noch nicht bekannt waren. Aber sie untersuchen auch die Interaktionen, um zu schauen, ob diese potenziell gefährlich werden können.

Mikroben aus dem Eis

Durch die Weiterentwicklung der Technologie können inzwischen auch kleinste Spuren von genetischem Material in Proben aus dem Eis identifiziert werden. Das Eis stellt ein riesiges Archiv an mikrobiologischer Informationen dar.

Ein Team von Virologen hat Eisbohrkerne aus einem Hochplateau in Tibet untersucht. Sie fanden in 50 Meter tiefen Schichten Viren, welche 15 000 Jahre alt sind und teilweise noch nicht bekannt waren. Insgesamt wurden in den Eisbohrkernen 33 verschiedene Virenpopulationen gefunden, 28 von ihnen waren unbekannt. Vor 15 000 Jahren unterschied sich das Ökosystem maßgeblich zu heute. Dennoch konnte die Forschungsgruppe Beziehungen zu noch heute existierenden Bakterien auf dem Hochplateau herstellen, sodass es möglich ist, dass diese gefunden Viren aktuelle Bakterien infizieren können.

Riesen-Viren aus dem Eis

Eine französische Forschungsgruppe fand 30 000 Jahre alte, unbekannte Riesen-Viren im Eis und erweckte diese zum Leben. Bisher waren zwei Arten von Riesen-Viren bekannt, die beide DNA als Erbgut besitzen, aber einen unterschiedlichen Mechanismus zur Vermehrung haben. Es gibt die Megaviridae, die sich außerhalb des Zellkerns der Wirtszelle über einen eigenen Replikationsapparat vermehren.

Die Pandoraviren integrieren sich ins Erbgut der Wirtszelle. Das nun gefundene Virus ähnelt im Aufbau den Megaviridae, in der Fortpflanzung den Pandoraviren. Bei diesem Fund glauben die Forscher, dass sie ungefährlich für den Menschen sind, da sie Amöben befallen. Dennoch schließen sie nicht aus, dass auch infektiöse Mikroben im Permafrost lauern.

Wiederbelebung alter Mikroben

Wenn durch das Schmelzen des Eises alte Mikroben wieder auftauen, entstehen neue Interaktionen mit den vorhandenen Bakterien und Viren. Mit diesen Interaktionen hat sich 2017 ein belgisches Forscherteam in einer Studie beschäftigt. Eigentlich neigen Krankheitserreger dazu, sich zeitlich und lokal an ihre gleichzeitig auftretenden Wirte anzupassen.

Dringt nun jedoch ein Krankheitserreger aus einer anderen Zeit in diese Gemeinschaft ein, ist es abhängig von verschiedenen Faktoren, ob es zu einer Infektion kommt. Haben Mikroben ein Wiederbelebungspotenzial, wenn sie – aufgrund der Konservierung im Eis – lange ruhten, so die Fragestellung der Forscher.

Die Umweltbedingungen, die Sozioökonomie wie auch die Ökologie beeinflussen am Ende mit, ob das freigelegte, infektiöse Potential auch wirklich zum Tragen kommt. Die Krankheitserreger können sich an den Wirt anpassen, sie können aber auch in einer Sackgasse landen. Der Grad der Virulenz ist unvorhersehbar. Daher ist es wichtig, sich der Erforschung von Wirt-Pathogen-Wechselwirkungen über zeitliche und räumliche Skalen hinweg zuzuwenden und damit der aktuellen Entwicklung zu begegnen. Momentan gibt es noch zu viele Fragen, was passiert, wenn eingeschlossene Bakterien und Viren durch die Schmelze wieder auftauchen.

Die Untersuchungen von Mikroben aus Gletschereis zeigen nicht nur auf, ob diese durch die Eisschmelze für Menschen und Tiere potenziell gefährlich werden können. Diese Forschungen ermöglichen zudem einen Blick in die Vergangenheit und sie können Aussagen treffen, wie sich vor Jahrhunderten der Klimawandel vollzog und welche Rückschlüsse dadurch für den gegenwärtigen Klimawandel möglich sind.

Heike Lachnit


Quellen:

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