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Neue Methoden

Der diesjährige Welttag des Labors lieferte einige Einblicke in das Berufsbild einer MTLA und spannnende Zukunftsaussichten für die Entwicklung des Berufes. © kasto80 / iStock / Thinkstock

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Welttag des Labors: Neue Methoden, Abläufe und Anforderungen für MTLA

Ende April öffneten anlässlich des Welttags des Labors 2016 viele Laboratorien ihre Türen. In Führungen und Kurzvorträgen konnten sich Interessierte auch über die Arbeit Medizinisch-technischer Assistenten informieren und mehr über diagnostische Leistungen erfahren. MTA – Das Portal traf im Rahmen der Veranstaltungen zwei Experten und sprach mit ihnen über Zukunftschancen der MTLA.

© Michael ReiterProf. Dr. Berend Isermann während des Pressegesprächs zum Welttag des Labors. Der Experte sieht in der Automatisierung von Arbeitsabläufen eine Verbesserung der Patientenversorgung. © Michael Reiter

Der Weltlabortag hebt den Wert der in der Labormedizin tätigen Mitarbeiter im Gesundheitssystem und in der Öffentlichkeit hervor, um die Diagnostik als wesentlichen Bestandteil der medizinischen Versorgung bekannter zu machen. Die Weltvereinigung der Gesellschaften für Pathologie und Labormedizin (WASPaLM) zielt auf eine Verbesserung der Gesundheit sowie auf Förderung der Lehre und Ausübung aller Teilgebiete der Pathologie und Laboratoriumsmedizin ab. In Zusammenarbeit mit der Firma Abbot entstand vor einigen Jahren das Programm „Labs are vital“, um den Stellenwert der Labordiagnostik zu verdeutlichen.

Nachdem diese Initiative den Weltlabortag vor allem in angloamerikanischen Ländern und Japan bereits etabliert hatte, einigten sich die Gesellschaften Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin e. V. (DGKL), der Berufsverband Deutscher Laborärzte e. V. (BDL) und der Dachverband für Technologen/innen und Analytiker/innen in der Medizin Deutschland e. V. (DVTA), diesen Tag als zweiten deutschen „Hotspot“ ins Leben zu rufen. Neben der jährlichen Herbsttagung gibt es nun eine weitere, im Frühjahr stattfindende, Veranstaltung für alle Beteiligten. Die Öffentlichkeitsarbeit zum Welttag des Labors dient auch dazu, das Berufsbild MTLA vorzustellen und Nachwuchs zu fördern.

„Wir wollen mit diesem Tag den Blick auf den Arzt aus dem Hintergrund in der Vordergrund bringen, und den Mehrwert der Diagnostik zugänglich für jeden Bürger machen“, so Prof. Dr. med. Berend Isermann, Präsident der DGKL. „Im Alltag ist dieser ‚Hidden Champion‘ schwer zu verstehen, doch jeder hat in seinem Leben – nicht nur im Krankheitsfall – mehrfach Laborwerte erhalten. Zahlreiche Vorsorgeuntersuchungen, das Neugeborenenscreening und vieles mehr gehören zu unserem Spektrum.“

Nachwuchsförderung

Eine besondere Herausforderung in der Labormedizin ist adäquater Nachwuchs. „Die Schließung von Schulen trägt zur Verstärkung der Personalproblematik bei. In Schleswig-Holstein gibt es keine MTA-Schule mehr, die ausbildet“, stellt Dr. Andreas Bobrowski, Vorsitzender des BDL und Facharzt für Laboratoriumsmedizin, fest. „Grund der Schließungen waren ‚falsche’ Studien – hauptsächlich durchgeführt in Krankenhäusern und Universitäten. Große Laboratorien und MVZ (Medizinische Versorgungszentren; Anm. d. Red.) im niedergelassenen Bereich, in denen heute oft die praktische Ausbildung stattfindet, wurden nicht befragt.

Auf Initiative eines Laborarztes in Kiel prüfen die medizinischen Laboratorien in Schleswig-Holstein derzeit, eine Schule in Eigenregie zu betreiben, um den Nachwuchs an qualifizierten Mitarbeitern zu sichern. Der Versuch, die vorhandene Lücke durch die Anstellung speziell ausgebildeter MFA (Medizinische Funktionsassistenten, früher: Arzthelfer, Anm. d. Red.) zu schließen, war aufgrund mangelndes Interesses nicht umsetzbar.“ Auch die Beschäftigung ähnlicher Berufsgruppen wie Biologisch-technische Assistenten (BTA), Chemisch-technische Assistenten (CTA) oder Laboranten sei in einigen Bereichen möglich, stelle aber keinen vollwertigen Ersatz für MTLA dar. Darüber hinaus müssten entsprechende Curricula erst noch erstellt werden.

„Die Ausbildung zur MTLA ist anspruchsvoll und sehr technisch, die Auszubildenden haben heute fast alle Abitur. Diese Qualität ist auch für die Akkreditierung sehr wichtig. Die Akkreditierungsgesellschaften werden immer genauer und kritischer, sie wollen wissen, welche Arbeitskräfte mit welchen Qualifikationen im Labor arbeiten. Angelernte Hilfskräfte für spezielle Techniken sind nicht gern gesehen“, betont Bobrowski.

Das Berufsbild der MTLA wandelt sich

© Michael ReiterDr. Andreas Bobrowski: „Die Akkreditierungsgesellschaften werden immer genauer und kritischer, sie wollen wissen, welche Arbeitskräfte mit welchen Qualifikationen im Labor arbeiten.“ © Michael Reiter

Bobrowski hielt die Akademisierung immer für einen falschen Weg. „Die Ausbildung ist anspruchsvoll, doch man ist vorgeprescht. Die heutigen Diskussionen zur Pflegeakademisierung laufen besser und bringen vielleicht gemeinsame Möglichkeiten. Ob ein Bachelor-Abschluss sinnvoll ist, wird sich im Rahmen der internationalen Homogenisierung noch herausstellen. In Nachbarländern wie Österreich und der Schweiz hat sich der Studiengang bereits etabliert. Eine bessere Honorierung bringt aber wieder Unterschiede zu CTA oder BTA und Laboranten.“

Die Arbeit einer MTLA habe sich technisch in zwei Punkten verändert, erklärt der klinische Chemiker Isermann. „Zum einen verbessert die Automatisierung mit deutlich günstigeren Leistungen die Versorgung jedes Patienten. Zum anderen schaffen neue Technologien Mehrwerte: Die hochspezifische Liquid-Chromatographie-Massenspektometrie (LC-MS; Anm. d. Red.) macht Proteine besser sichtbar. Mittels weiterer Technologien wie der digitalen PCR Polymerase-Kettenreaktion können wir erstmals auch geringe Spuren zellfreier DNA im Blut messen, was momentan bei Tumorerkrankungen, künftig aber auch bei anderen Erkrankungen (Stichwort: „liquid profiling“, Anm. d. Red.) eine wichtige Rolle spielt.“

Experte Bobrowski ergänzt: „Insgesamt haben hochtechnisierte und sensitive Verfahren sowie die DNA-Typisierung beziehungsweise Genomanalysen deutlich zugenommen, ebenso wie die Qualitätssicherung.“ Einen methodischen Trend stellt die Geräteminiaturisierung dar. Das Taschenlabor von Fraunhofer, das Point-of-Care-Testing (POCT) oder „Lab-on-a-chip“ bringen Konkurrenz. „Fehlende Genauigkeit wird von praktizierenden Ärzten in Kauf genommen, wenn die Gerätewerte medizinisch ausreichen und honoriert werden. Sie kaufen für vier Euro einen POCT-Gerinnungstest, obwohl der viel genauere Labortest nur 80 Cent kostet und sogar akkreditiert ist“, stellt Bobrowski fest.

„Sehr wichtig ist eine hohe Fachkompetenz für Geräte, wie Unterschiede im POCT-Bereich verdeutlichen: Einfache Methoden wie die Blutzuckerbestimmung kann jeder leisten. Wenn in der hochsensiblen Blutgasmessung, die oft das Intensivpflegepersonal durchführt, Probleme anfallen, werden sofort die MTLA als Experten herangezogen.“

Zukunftsaussichten

Die Arbeit einer MTLA wird immer komplexer. Eine umfassende Ausbildung vor Ort, auch mit großen Geräten, bietet den Absolventen Chancen in alle Richtungen. „Die Einführung der Laborstraßen ist ein gutes Beispiel für den Wandel“, verdeutlich Prof. Dr. Isermann. „Manche Kollegen vermissen die manuelle Arbeit, andere finden dies charmant und spannend. Wenn man am Cockpit einer solchen Straße sitzt, mehrere Monitore betrachtet und zehn Geräte von vorn steuert, sind das andere Anforderungen als vor 20 Jahren.“ Das Managen der Probe, die Technik und die Qualitätssicherung seien hier wichtige Aufgaben.

Neue Methoden wie LC-MS und digitale PCR bieten sich künftig für Vorsorge, Diagnostik, und Verlaufskontrollen an. Nierenerkrankungen – häufig bei der Volkskrankheit Diabetes mellitus – können hoffentlich früher erkannt werden: Jede Zelle setzt DNA frei. Deren Profile und anhängende Proteine sind bei bestimmten Erkrankungen zell- und krankheitsspezifisch modifiziert.

„Wer heute den MTLA-Beruf ergreifen möchte, erhält einen zukunftssicheren Arbeitsplatz, viele Techniken stehen erst am Anfang. Ohne vorheriges Festlegen für einen bestimmten Bereich wächst man in neue Aufgabenfelder hinein“, versichert Dr. Bobrowski. „Der Frauenjob in einer Männersparte bietet ein breites Spektrum: Technik, Teilhabe an Wissenschaft und Forschung, Managementaufgaben in Organisation und Praxis, Qualitätssicherung. Kurzum: ein Beruf an der Spitze des Fortschritts der Medizin!“

Prof. Isermann fügt hinzu: „Die hochspannende Arbeit bietet Innovation, Management, Routine und Forschung. Auch wenn die Labormedizin weniger ‚Action’ als die Notfallmedizin vorhält, das Erleben molekularbiologischer und technologischer Herausforderungen kann ich jedem nur empfehlen“.

„Angebot und Nachfrage sind sehr gut – besonders für Personen, die Verantwortung übernehmen wollen. Auch Teilzeitkräfte sind willkommen, damit die Vereinbarkeit von Job und Familie funktioniert“, unterstreicht Dr. Bobrowski abschließend.

Mirjam Bauer


Weitere Informationen:

www.welttag-des-labors.de

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